Dayas, William Humphreys (1863-1903)
Orgelwerke
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Amerikaner qua Geburt (1863 in New York), Deutscher ob seiner musikalischen Prägungen als einer der letzten Schüler Liszts in Weimar, schließlich Engländer hinsichtlich seines Lebensmittelpunkts Manchester, wo er bis zu seinem Tod auch die längste Zeit gewirkt hat dies nur der grobe biografische Rahmen, mit dem sich das Wirken des Organisten, Pianisten und Komponisten William Humphreys Dayas umreißen lässt. Es war ein allzu kurzes Leben: Dayas starb 1903, kaum vierzig Jahre alt. Entsprechend schmal fiel sein kompositorisches uvre aus und versank dazu in einen tiefen Dornröschenschlaf.
Der finnische Organist Jan Lehtola erweckte nun zumindest die beiden Orgelsonaten Dayas zu neuem Leben eine lohnende Wiederentdeckung und eine echte Bereicherung allzumal des Orgelrepertoires des Fin de Siècle. Dayas ist, was die kompositorische Qualität seiner 1886 und 1888 entstandenen Sonaten op. 5 und op. 7 angeht, durchaus nicht gering zu achten. Er gebietet über ein feines, instinktsicheres Gespür für die Erfindung wirkungsvoll-sanglicher Themen, für dramaturgisch überzeugende Entwicklungen, farbige Kontraste und schließlich auch kraftvolle, mitunter virtuos gestaltete Effekte. Dass er seinen Lehrmeister Liszt über alles verehrte, verhehlen auch diese beiden Sonaten für die Orgel nicht indes ohne das meisterliche Vorbild in platter Manier zu kopieren.
Im Kopfsatz der F-Dur-Sonate orientiert sich Dayas klanglich eher (noch) an Mendelssohn; Lisztsche Wendungen gebraucht er dagegen verstärkt in dem späteren Werk in c-Moll: pianistischer angelegt, freier im Umgang mit den Themen und ihrer Verarbeitung, rhapsodischer in der Anlage; insgesamt etwas mystischer als die erste Sonate auch wenn er den unbedingten Formwillen Julius Reubkes und dessen gedankliche Tiefe hier kaum erreicht. Wiederum an Mendelssohn (Variations sérieuses) erinnern Thema und sieben Variationen nebst Schlussfuge eine von Dayas erarbeitete Orgeltranskription des vierhändigen Klavierwerks von Arthur H. Bird (18561923), wie Dayas gebürtiger Amerikaner, der seine künstlerische Ausbildung vor allem in Deutschland, ebenso bei Liszt, erhalten hatte. Dayas instrumentiert mit sicherer und geschmackvoller Feder, fordert dabei durchaus den pianistisch geschulten Virtuosen.
Diese CD anzuhören bereitet pures Vergnügen aus drei Gründen. Erst einmal, weil Dayas gute Musik schreibt. Und zweitens, weil Lehtola hier als ausnehmend feinsinniger Anwalt der Musik Dayas agiert, stets den richtigen Puls erspürend und feinste agogische Nuancen auskostend. Er breitet eine Palette faszinierender Klangfarben aus womit auch schon der dritte Grund zu nennen wäre, der diese Aufnahme zu etwas Besonderem macht: die große E. F. Walcker-Orgel (66/III/ P/Kegellade/el.-pneum. Trakturen) der neugotischen Johanniskirche in Helsinki, 1891 fertiggestellt, 1921 geringfügig erweitert und 2005 von Christian Scheffler (Jacobsdorf/ Brandenburg) vorbildlich restauriert: perfekt für dieses spätromantische Repertoire; nirgends mulmig und tontechnisch optimal eingefangen.
Christoph Schulte im Walde