Schneider, Enjott

Orgelsinfonie No. 10 „B-A-C-H“ für Orgel

Verlag/Label: Schott Music ED 21099
erschienen in: organ 2012/02 , Seite 59

Die Orgelsinfonie Nr. 10 B-A-C-H von Enjott Schneider folgt bewusst der Tradition französisch-romantischer Spielmusik. Schneider thematisiert in seinen Orgelsinfonien unterschiedliche Komponisten, bezieht sich etwa auf César Frank, Gustav Mahler, Anton Bruckner oder Peter Tschaikowsky. Die Orgelsinfonie Nr. 10 thematisiert Johann Sebastian Bach. Der Komponist schreibt: „Die Komposition verbindet den Gestus französischer Orgelsinfonik mit Bach-Reminiszenzen: Satz I: Toccata, Satz II: Adagio spora ,Herr unser Herrscher‘ (nach dem Eingangschor der Johannespassion BWV 232), Satz III: Scherzo, Satz IV: Crucifixus-Toccata (nach dem Basso-Ostinato der Messe h-Moll BWV 232).“
In seinem Duktus reiht sich das Werk in die unzähligen Bach-Zitate in Klassik und Jazz ein. Zu Beginn erinnert eine oftmals wiederholte Wechselnote an Bachs berühmte Toccata d-Moll, intoniert zugleich aber auch die Namenfigur des Widmungsträgers, die das ganze Stück durchzieht: „Die Orgelsinfonie Nr. 10 B-A-C-H paraphrasiert mit den Tonarten der vier Sätze in B, in A, in C und in H das berühmte B-A-C-H-Motiv. Den Rahmen bildet eine virtuose toccatische Episode, die zunächst in B beginnend sich am Ende in ein gleißendes C steigert.“
Die Musik ist von vielen Spiel­figuren wie Arpeggien, Synkopen und Pedalsoli durchzogen. Stilis­tisch kennt man Enjott Schneider aus der Filmmusik. Er schrieb die bekannte Toccata zum Film Schlafes Bruder. Es handelt sich um leicht eingängige, von Pop-Elementen ge­prägte Musik, die sowohl für den Spieler als auch für den Hörer fasslich ist. Es verwundert, dass sich Schneider der komplexen kontrapunktischen Musik Bachs über Zitate nähern will. Die Musik Bachs entwickelt ihre Ausdruckskraft weniger durch die Gestaltung der Themen als durch die kontrapunktische Verarbeitung. Schneider versucht also Ausdrucksebenen zu verbinden, die eigentlich unvereinbar sind. Deshalb beschränkt er sich auf die einfache Verwertung bekannter Themen und Motive Bach’scher Musik. Diese unterlegt er mit romantischen Steigerungen und an Klaviermusik erinnernde, durch Figuren aufgefächerte Flächen. Diese Herangehensweise überzeugt eher musikalisch als thematisch-inhaltlich.
Die Musik ist mittelschwer und an größeren Instrumenten umsetzbar. Das Werk ist dem Münchener Hansjörg Albrecht als Leiter des Münchener Bach-Chors und des Bach-Orchesters gewidmet, der auch die Uraufführung am 20. Januar 2011 im Rahmen des Orgelfests Porto besorgte.

Dominik Susteck