Orgelschätze im Alten Land

Werke von Dietrich Buxtehude, J. S. Bach, Johann Kuhnau, Anonymus, Georg Philipp Telemann, Johann Christian Kittel, Johann Wilhelm Hertel

Verlag/Label: Ambitus amb 96 945 (2011)
erschienen in: organ 2011/03 , Seite 50

3 Pfeifen

Die Orgel in Grünendeich besteht im Kern aus Teilen des Orgelbauers Diederich Christoph Gloger. Eine Wiederherstellung nahm die Werkstatt Rowan West vor, wobei angesichts eines erheblichen Verlusts der klanglichen Substanz hier letztlich mehr rekonstruiert werden musste als restauriert werden konnte. Das Ergebnis lässt sich nun anhand der vorliegenden Aufnahme als durchweg gelungen beurteilen.
Für die Präsentation der Orgel hat der Stader Cosmae-Organist Martin Böcker ein ansprechendes Programm, gegebenerweise größtenteils aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, zusammengestellt, das angesichts der Tatsache, dass das Pedal nur „angehängt“ ist, weitestgehend manualiter auszuführende Werke enthält. Eine Ausnahme bildet die reizvolle anonyme Choralbearbeitung aus einem Stader Manuskript, die sich auf diesem Instrument unter geschickter Ausnutzung des geteilten Zungenregisters (Cornet 2’ / Dulcian 16’) auch mit Cantus-firmus-Führung im Pedal darstellen ließ.
Martin Böcker spielt virtuos und elegant, wo nötig im Dienste des Affekts, so in Johann Kuhnaus Streit zwischen David und Goliath, zu dem Peter Golon die Textbeigaben vorträgt. Charmante Entdeckungen sind einige Choralbearbeitungen von Johann Christian Kittel und eine bereits frühklassizistisch geprägte Sonate von Johann Wilhelm Hertel.
Leider findet das künstlerische Engagement des Interpreten in der Aufnahmetechnik der vorliegenden Einspielung keine Entsprechung. Offenbar steht das Instrument in einem akustisch resonanzarmen, klanglich „trockenen“ Raum. Gegen einen quasi authentischen Raum­eindruck ist in sehr vielen Fällen gewiss nichts einzuwenden, hier jedoch macht das Ergebnis kaum Freude; das Zuhören kann leicht zur Anstrengung werden. Oft hilft hier schon eine andere Mikrofonwahl bzw. Platzierung der Mikrofone, bevor man sich in solchen Extremfällen vielleicht doch als ultima ratio für eine vorsichtige Nachbearbeitung im Tonstudio entscheidet. Auch das nüchterne Cover mit dem leicht grünstichigen Prospektfoto wirkt eher lieblos in der Gestaltung.
Axel Wilberg