Daniel Stickan

Orgelmusik

Daniel Stickan an den Orgeln von St. Osdag in Melndelsloh und St. Nicolai in Lüneburg

Verlag/Label: 2 CDs, ejk-Records 17 (2023)
erschienen in: organ - Journal für die Orgel 2023/03 , Seite 63

Bewertung: 4 von 5 Pfeifen

Die anthrazitgraue Hülle in Taschenbuchgröße könnte auch ein flaches mobiles Endgerät oder edles Konfekt enthalten. Die kalligraphische Prägung verrät bei genauerem Hinsehen schlicht Orgelmusik. Selbst im Innern bleibt die kunstvoll reduktionistisch gestaltete Edition mit einigen impressionistischen Fotos und knappen Titeln geheimnisvoll. Die beiden CDs animieren dazu, genau hinzuhören und sich einfach den Klängen hinzugeben.
Der freiberuflich tätige Organist Daniel Stickan bewegt sich gewandt zwischen Komposition und Improvisation sowie zwischen Jazz, Folk, Minimal Music und impressionis­tischen Tongebilden überwiegend meditativen Charakters. Statische Strukturen mit hervorgehobenen Soli wechseln mit Crescendo-/Decrescendo-Modellen oder bewegten Loops. Konkrete Themen scheinen nur selten durch, etwa John Surmans Wanderer, das bekannte Volkslied Dat du min Leevsten büst oder der Schlusschoral „Das Aug allein das Wasser sieht“ aus Bachs Kantate „Christ unser Herr zum Jordan kam“. Hier hört jedoch allein das Ohr die Töne: Stets setzt Stickan die jeweils gewählten Mittel sparsam und subtil ein. So kommen die charakteris­tischen Klänge der beiden Orgeln aus der Werkstatt Furtwängler klar und unverfälscht zur Geltung.
Mit dem noch frühromantisch geprägten Werk von 1878 in der spätromanischen St. Osdag-Kirche in Mendelsloh und dem hochromantischen Instrument von St. Nicolai in Lüneburg von 1899 dokumentiert diese Aufnahme neben­-bei eindrucksvoll den klanglichen Wandel zwischen zwei Generationen im Abstand von gerade einmal 21 Jahren.
Vorteilhaft ist, dass typische Orgelklänge ebenso delikat in die außergewöhnliche Konzeption eingebunden sind wie die CDs in die aufwendige Umhüllung. Erwartungen, die sich etwa durch gängige Literatur oder Improvisationsstile einstellen könnten, hemmen das entspannende Hörerlebnis nicht. Mitunter meint man, originalen Hammond-Sound wahrzunehmen. Die Produktion empfiehlt sich damit als Geschenk für Orgel-Neueinsteiger oder gar Orgel-Skeptiker. Man darf auf Weiteres aus der Edition gespannt sein, die sich dem Thema „Jazz aus Kirchen“ verschrieben hat. Das professionelle Team um Daniel Stickan und den Saxofo­nis­ten Uwe Steinmetz lässt gerade für Kinder und Jugendliche auf weit mehr hoffen als (neue) geistliche Kirchen-Eintagsfliegen mit stupidem Playback.

Markus Zimmermann

Die Doppel-CD ist unter www.ejk-records.de und in der Lüneburger Buchhandlung Lünebuch erhältlich.