Frescobaldi, Girolamo

Orgel- und Clavierwerke, Band III

Il Secondo Libro di Toccate, Canzone, Versi d’Hinni, Magnificat, Gagliarde, Correnti et altre Partite (Rom, Borboni, 1627, ²1637), hg. von Christopher Stembridge unter Mitarbeit von Kenneth Gilbert

Verlag/Label: Bärenreiter BA 8414
erschienen in: organ 2014/01 , Seite 62

Aus dem umfangreichen Werk Girolamo Frescobaldis dürfte neben den Fiori musicali das 2. Buch der Toccaten für Organisten die ergiebigste Sammlung sein. Während im 1. Buch Stil und Schreibweise eher eine Verwendung auf dem Cembalo nahe legen, sind einzelne Werke des 2. Buchs eindeutig Orgelstücke, und auch bei den Toccaten, die nicht zwingend mit Pedal zu spielen sind, scheint der Duktus deutlich mehr an den Möglichkeiten der Orgel orientiert zu sein.
Die neue Ausgabe löst im Verlagsprogramm bei Bärenreiter die viel benutzte Edition von Pidoux ab. In einem solchen Fall muss man nach den Vorzügen der neuen Ausgabe fragen. Von Frescobaldis Kompositionen existiert zwar ein unter Aufsicht des Komponisten angefertigter Originaldruck, allerdings sind damit nicht alle Textprobleme eliminiert. Einerseits weichen die unterschiedlichen Auflagen geringfügig voneinander ab, andererseits bleiben trotzdem noch fragliche Stellen übrig, insbesondere was Setzung und Geltungsbereich der Vorzeichen angeht. Die endgültige Entscheidung liegt in der Verantwortung des Interpreten und hier ist auch der entscheidende Vorteil der Neuausgabe zu sehen: Sämtliche Zweifelsfälle sind sofort im Notentext ersichtlich und können so unmittelbar vom Spieler entschieden werden. Bei schwerwiegenderen Textproblemen hilft der gut lesbare kritische Bericht weiter, der bislang bei Pidoux fehlte.
Das Notenbild verzichtet in der Balkung der kleineren Notenwerte auf eine Angleichung an heutige Notationskonventionen und übernimmt die Schreibweise des Originaldrucks. Dadurch ergibt sich ein etwas gewöhnungsbedürftiges Bild mit recht vielen einzeln stehenden Noten. Ob man daraus Konsequenzen für die Artikulation und die Phrasierung zieht, wird weiterhin eine Gewissensfrage bleiben.
Das informative Vorwort und der kritische Bericht runden das Bild einer Ausgabe ab, die allen gegenwärtigen Ansprüchen gerecht wird und jede Empfehlung verdient.

Axel Wilberg