Barber, Samuel u. a.

Orgel & Orchester

Samuel Barber: Toccata Festiva op. 36 | Alexandre Guilmant: Symphonie Nr. 1 d-Moll op. 42 | Joseph Jongen: Symphonie Concertante op. 81

Verlag/Label: perc.pro 40072014
erschienen in: organ 2015/03 , Seite 60

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Auf den Booklets seiner allerersten CDs schaut das „Orgelwunderkind“ Felix Hell noch drein wie ein artiger Schuljunge mit Bubikopf-Frisur und schwarzer Fliege. Dies ist nun schon weit mehr als 15 Jahre her. Inzwischen ist aus dem jungen Nachwuchstalent aus der Pfalz, dessen organistische Karriere mit 14 Jahren begann und der reihenweise Wettbewerbspreise einheimste, ein international gefragter Konzertorganist mit Lebens- und Schaffensmittelpunkt in den USA geworden.
Für sein jüngstes CD-Projekt kehrte Hell nun in seine alte (weitere) Heimat zurück und machte gemeinsame Sache mit jenem Orchester, das die westpfälzische Region seit Jahrzehnten prägt: dem Orchester des Pfalztheaters Kaiserslautern. Mit Alexandre Guilmants Symphonie Nr. 1 d-Moll und der Symphonie Concertante des Belgiers Joseph Jongen sind zwei sattsam bekannte „Highlights“ der Literatur für Orgel und Orchester zu hören, die beim breiten Publikum garantiert immer gut ankommen. Ganz sicher auch beim Hören der vor­liegenden Einspielung, denn Solist und Orchester verschreiben sich mit Haut und Haar süffiger französischer, respektive französisch inspirierter Sinfonik: lebhaft im Zugriff auf die Ecksätze beider Sinfonien, warm und sinnlich in Guilmants Pas­torale (mit wunderschönen Holzbläser-Soli), durchaus etwas frech, aber auch mit Charme das Jongen-Divertimento (2. Satz der Symphonie). Da funkt es unablässig zwischen dem Orchester und dem Organisten, ausgezeichnet zusammengeführt von Dirigent Uwe Sandner, Generalmusikdirektor am Pfalztheater Kaiserslautern.
Über diese beiden unverwüstlichen und haufenweise eingespielten Paradestücke hinaus widmen sich Felix Hell und Uwe Sandner zudem der Toccata festiva op. 36, von Samuel Barber 1960 komponiert – freilich weit mehr als eine „Toccata“, zumal angesichts deren mehrteiliger Anlage mit deutlich voneinander abgesetzten, gleichwohl durchkomponierten Abschnitten. Ihnen gemeinsam ist der fast archaisch anmutende Klangduktus, in den wuchtigen und vom großen Orchester dominierten Passagen nicht weniger als in den kammermusikalisch angelegten Momenten, die Hell sehr farbig und abwechslungsreich gestaltet. Mitunter mündet Barbers Sprache ins Pittoreske, kreist aber stets konzentriert um die beiden markanten Themen. Was beeindruckt, ist das fast symbiotische Miteinander von Orches­ter und Orgel – und der Organist Felix Hell mit seinem souveränen, frischen, schwungvollen Zugriff auf alle drei Partituren. 
Insofern ist das CD-Cover clever: Es zeigt den Solisten tänzelnd vor einem fünfmanualigen (amerikanischen) Spieltisch – der indes mit dem für die vorliegende Aufnahme verwendeten eher neobarock anmutenden Instrument der Stiftskirche Kaiserslautern (Oberlinger 1968, IV + P/64) nun so ganz und gar nichts zu tun hat …! Außer der Disposi­tion (immerhin!) findet sich nichts über dieses – insgesamt weder sehr französisch noch irgendwie or­ches­tral ausgelegte – Instrument keine detaillierte Information.
 
Christoph Schulte im Walde