Markull, Friedrich Wilhelm (181687)
Organ Works Vol. 1
Reihe Musica Baltica 2
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Die Auseinandersetzung mit Orgellandschaften im 19. Jahrhundert fördert immer wieder Überraschungen zutage. Friedrich Wilhelm Markull gehört heute zu den nahezu völlig vergessenen Komponisten, obwohl er (in Elbing geboren und seit 1836 Organist in Danzig) im Osten des deutschen Einflussbereichs zu den angesehensten Musikern seiner Zeit gehörte, der das Danziger Musikleben zu einer bemerkenswerten Blüte entwickeln konnte und ein umfangreiches Schaffen hinterlassen hat. Dass sich dieses weder stilistisch noch handwerklich hinter anderen Größen seiner Zeit verstecken muss, stellt jetzt der hochverdiente Auftakt einer Reihe von Aufnahmen des polnischen Organisten Andrzej Szadejko seinerseits Professor für Orgel an der Musikhochschule in Gdánsk (Danzig) unter Beweis.
Die hier vertretenen Kompositionen spiegeln Markulls Arbeits- und Komponieralltag: Während die Choralvorspiele op. 123 sowohl für den Danziger Gottesdienst als auch für die Schülerschar Markulls bestimmt gewesen sein mochten, dokumentiert die recht heterogene Sammlung der Nachspiele die Vielfalt der Satztechniken, die dem unter seinen Zeitgenossen sehr renommierten Komponisten zur Verfügung standen bis hin zur mehrthematischen Fuge. Die ebenfalls aufgenommene Sammlung der Trios op. 124 zeigt auf, dass Markull (ganz im Geist des 18. Jahrhunderts) auch andere obligate, stark kontrapunktisch überformte Schreibarten nicht fremd waren; sie finden sich auch gelegentlich in seinen Choralvorspielen, unter denen die vierteilige Fantasie über Christus, der ist mein Leben op. 73 besonders hervorsticht.
Markull stand mit der Orgel an St. Marien in Danzig (damals noch lutherisch) ein dreimanualiges Instrument mit fünfzig Registern zur Verfügung, die mit der Kirche und der gesamten Danziger Innenstadt 1945 vollkommen zerstört wurde. Zu der Entscheidung, sich für die Einspielung der Kompositionen Markulls an die Buchholz-Orgel der Hansestadt Stralsund zu begeben, kann man Andrzej Szadejko nur beglückwünschen: Mit der Orgel von 1841, die 2006 von Wegscheider und Klais behutsam auf den Ursprungszustand zurück restauriert wurde, steht ihm ein so klangvolles wie überzeugendes und variantenreiches Instrument ähnlicher Größe zur Verfügung.
Szadejkos Spiel ist artikulationsreich und ausdrucksvoll, dabei nie aufdringlich virtuos, sondern immer ganz im Dienst der vielfältigen Kompositionen, deren Abwechslungsreichtum die dreidimensional aufgenommene Hybrid-SACD zu einer spannenden Begegnung werden und auf die nächsten Folgen hoffen lässt. Von besonderer Güte ist das informative Booklet mit einem klugen Essay und allen Registrierungen.
Birger Petersen