Pedro de Araújo

Organ Music

Rui Fernando Soares an der Manuel Benito Gómez de Herrera-Orgel (1739) des Mosteiro de Arouca (Portugal)

Verlag/Label: Brilliant Classics 97076 (2024)
erschienen in: organ - Journal für die Orgel 2024/01 , Seite 58

Bewertung: 5 von 5 Pfeifen

Der editorischen Pionierleistung der Denkmälerreihe Portugaliæ Musica
– K. Speer (1967) und G. Doderer (1974; Teiledition 1984) – verdanken wir den grundsätzlichen Zugang zur Musik von Pedro de Araújo (1640–1705), die in zwei umfangreichen handschriftlichen Quellen, dem Livro de obras de Orgaõ juntas pella coriosidade de Fr. Roque da Conceição (Porto, 1696) und dem Livro de Obras de Órgão aus dem Bouro-Kloster (Braga), zusammen mit vielen Kompositionen des lusitanischen Altmeisters Manuel Ro­drigues Coelho (1555–1635) überliefert ist.
M. S. Kastner würdigte de Araújo als subtilen Musiker, der über die Kunst nachdachte und dessen Werk als die höchste Errungenschaft der Klangkunst angesehen werden kann. Die 13 Werke (ca. 69 Minuten) stellen de Araújo in eine Tradition, die mit weiteren großen Namen – Antonio de Cabezón, Sebastián Aguilera de Heredia und Francisco Correa de Arauxo (1626) – verbunden ist, worüber das Book­let (englisch / portugiesisch), ergänzt durch aktuelle biografische Angaben, informiert. Anders als Label-Präsentation und Booklet meinen, deckt de Araújo nicht gänzlich den typischen Fundus der iberischen Orgelmusik ab; bis jetzt fehlen Versetten sowie die typischen Kirchenhymnen „Ave maris“ und „Pange lingua (more hispano)“.
Was für ein exzellenter Komponist de Araújo war, davon kann die Obra de 1º tom sobre a Salva („Salve Regina“) [8] ein Lied singen. Rui Fernando Soares macht die Architektur des Stücks, die geschmeidigen Übergänge sowie die melodischen und rhythmischen Nuancen transparent, natürlich mit gepflegtem Einsatz des kleinen Sext-Vorhalts im Dur-Akkord auf betonter Zeit, de Araújos auffälliges personalstilistisches Markenzeichen.
Ungewöhnlich ist die Mischform des komplexen Meio Registo terçado de tres Tiples [6], der zwischen geteilter Registrierung (meio-registo) und Toccata (Obra) mit bruchlosem Passieren der Teilungsgrenze c’/cis’ wechselt – kein Problem mit einem Kniehebel –, von Rui Fernando Soares pragmatisch und klanglich schlüssig umgesetzt. Überhaupt ist dem Künstler das Kompliment zu machen, auf das Umregistrieren innerhalb einer Komposition weitgehend zu verzichten und so den abwechslungsreichen Satzstrukturen Raum zu geben.
Ungefähr 35 Jahre nach de Araújos Ableben erbaute Manuel Benito Gómez de Herrera die prächtige gol­dene Orgel im Kloster zu Arouca mit 1352 Pfeifen und 24 Registern (von Gerhard Grenzing restauriert). Aus Valladolid stammend, repräsentiert Gómez de Herrera dennoch den portugiesischen Orgelbau, wie er sich schon zur Zeit des Komponisten etabliert hatte.
Bekannterweise kommt die iberische Orgel mit relativ geringem Winddruck aus; doch mit dem Einsatz der großen Horizontalzungen bei den energischen Fanfaren der finalen Batalha bringt Rui Fernando Soares die ehrwürdige Klosterkirche sinnbildlich zum Beben. Aus der kultivierten waffenlosen Schlacht geht siegreich eine rundum empfehlenswerte CD des Labels Brilliant Classics hervor. Muito bom!

Johannes B. Ring