Johann Ernst Eberlin

Organ Music · Orgelmusik

Jamila Javadova-Spitzberg an der Johann Nepomuk Holzhey-Orgel (1780) in der Klosterkirche Obermarchtal

Verlag/Label: Ambiente Audio, ACD 2051 (2025)
erschienen in: organ - Journal für die Orgel 2025/03 , Seite 59

Bewertung: 4 von 5 Pfeifen

Kontrovers rezipiert wurde der Komponist, Organist sowie nachmalige Salzburger Hof- und Domkapellmeister Johan Ernst Eberlin (1702–62). Friedrich Wilhelm Marpurg etwa lobt seine Produktivität, während für den achtjährigen Wolfgang Amadeus Mozart Eberlins Tas­tenwerke „gar zu geringe sind, und wahrlich nicht einen Platz zwischen Händel und Bach verdienen. Allen Respekt für seinen vierstimmigen Satz aber seine Klavierfugen sind lauter in die Länge gezogene versettl.“ Damit spielt Wunderkind „Wolferl“ auf das für den Unterricht und die süddeutsch-katholische Liturgiepraxis bestimmte umfangreiche Corpus Eberlins von Vor- und Nachspielen sowie Fugen und Kadenzen an.
Für die hier eingespielten, 1747 bei Lotter in Augsburg erschienenen IX Toccate e Fughe per l’Organo trifft Mozarts Kritik nur bedingt zu: Haftet den Fugen eine gewisse Gelehrsamkeit an, so sind sie dennoch komplexe Exempel des korrekten Satzes. Die Toccaten erweisen sich als originelle Mischung aus dem italienischen durezze-e-ligature-Stil und mitunter bizarrer Harmonik aus Rokoko und Vorklassik.
Mit der 1780 fertiggestellten Holz­hey-Orgel, 2012 durch die Werkstatt Johannes Rohlf restauriert, hat die aus Aserbeidschan stammende Organistin, „Keyboar­derin“ (Booklet!) und Pädagogin Jamila Javadova-Spitzberg eine gute Wahl getroffen. Als Ergebnis ihres Forschungsstipendiums am Leopold Mozart College of Music in Augsburg versteht sie es vorzüglich, die durchaus pädagogisch angelegten Werke in interessante, teilweise geheimnisvolle Registrierungen zu kleiden; in einigen Sätzen hätte sie dabei gerne etwas mehr Verve wagen können.
Eberlins Sammlung komplett aufzunehmen, reicht über den dokumentarischen Wert weit hinaus: Die Produktion regt an, einzelne Sätze im Gottesdienst oder konzertant zu verwenden. Da im süddeutschen Raum nun inzwischen einige Orgeln dieses grundstimmenbetonten Instrumententyps restauriert wurden, ist es lohnend, dieser Literatur in ihrer angestammten Umgebung aufzuführen.
In den galanten Stil weist die für Orgel eingerichtete Klaviersonate G-Dur. Auch sie passt bestens auf diese Orgel, besonders der mit Flöten ausgeführte Mittelsatz. Es sei dahingestellt, ob man die „verführerischen Linien, Einfachheit und Klarheit“ in die Nähe von Carl Phi­lipp Emanuel Bach rücken kann – dies schlägt die Musikerin im ebenfalls einfach gehaltenen Beiheft (englisch / deutsch) vor. Die Aufnahmetechnik wirkt sehr direkt: So kommen die Klangfarben der Orgel gut an, weniger jedoch die Raumakustik des weitläufigen Münsters von Obermarchtal.

Markus Zimmermann

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