Peter Wagner (Hg.)

Musica Femina

Orgelwerke von Komponistinnen des 19. und 20. Jahrhunderts

Verlag/Label: Strube Edition 3650
erschienen in: organ - Journal für die Orgel 2024/01 , Seite 54

In der Strube Edition erschien ein Standardwerk mit Orgelkompositionen von Frauen, die meist zu Lebzeiten zu Unrecht und dem Zeitgeist geschuldet im Schatten von männlichen Kollegen standen. Unter dem Titel Musica Femina schuf Herausgeber Peter Wagner, selbst Kirchenmusiker, Chordirektor und Organist, einen 128-seitigen Spielband mit beeindruckenden Werken. Allerdings beschränkt sich die Auswahl der Komponistinnen auf die Länder Frankreich, England und Deutschland (als Hauptschwerpunkt), dazu kommen solche aus Belgien, Ungarn, Schweden, USA, Aus­tralien, den Niederlanden und Öster­reich. Leider fehlen Komponistinnen aus Osteuropa, etwa aus Russland, Polen oder der Ukraine, was eine musikalische wie historische Bereicherung gewesen wäre.
Enthalten sind Werke der englischen Komponistinnen Kate Boundy, Theophania Cecil, Ann Mounsey Bartholomew, Ethel Smyth und Elizabeth Stirling. Aus Frankreich stammen Mélanie Bonis, Nadia Boulanger, Cécile Chaminade, Hedwige Chrétien, Marie Prestat und Alice Sauvrezis, aus Deutschland Fanny Hensel-Mendelssohn, Luise Le Beau, Christiane Michel-Ostertun und Clara Schumann. Dazu kommen Elfrida Andrée und Laura Aulin (Schweden), Emma Ashford und Amy Beach (USA), Rosalie Bo­nighton und June Nixon (Australien), Margaretha De Jong (Niederlande), Juliette Folville (Belgien), Mathilde Kralik van Meyrswalden (Österreich) und Ersébet Szönyi (Ungarn). Einige von ihnen, z. B. Clara Schumann, gehören bereits zum etablierten Klassik-Repertoire, die meisten gilt es allerdings erst einmal zu entdecken, was zugleich den Reiz dieses Bandes ausmacht. Es gelingt ein umfassender Einblick in das Orgelschaffen von Frauen im 19. und 20. Jahrhundert.
Der Band ist gut übersichtlich angelegt. Das zeigt sich schon im nach Namen alphabetisch sortierten Inhaltsverzeichnis, wobei eine Gliederung nach Werkentstehung evntl. sinnvoller gewesen wäre; auch die Wiedergabe der Werke erfolgt alphabetisch. Am Schluss sind zum weiteren Verständnis die Kurzviten der Komponistinnen abgedruckt.
Der Notendruck selber ist sehr übersichtlich und gut spielbar angelegt sowie mit Taktangaben, Dynamikbezeichnungen usw. versehen. Die Stücke sind meist zwischen
einer und vier Seiten lang. Darunter befinden sich kirchliche Gattungen wie Choralvorspiele, Fugen, Offertorien, Präludien, Praeambuli usw. Der Schwierigkeitsgrad bewegt sich von leicht bis mittel. Die Spieldauer beträgt maximal fünf Minuten ­­– der Band ist für den gottesdienstlichen Gebrauch gedacht. Dabei handelt es sich um überwiegend melodiöse Stücke, die durchaus Eingang in den Kanon der Orgelmusik finden könnten. Eine praktische Ringbindung erleichtert das Umblättern.
Gelungen ist auch die Covergestaltung, die neben Lorbeerblättern das Porträt Fanny Hensel-Mendels­sohns zeigt; auf der Rückseite darf wiederum ein Porträt von Clara Schumann nicht fehlen. Insgesamt ist dieser Band mit fünfzig Orgelwerken von 25 Komponistinnen eine schöne Fundgrube an Neuent­de­ckungen, die zum weiteren Nachforschen nach vergessenen Werken einlädt.

Claudia Behn