Muffat, Georg

Missa in labore requies

Verlag/Label: audite 97.539 (2016)
erschienen in: organ 2016/04 , Seite 54

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Die vorliegende Einspielung aus der Klosterkirche Muri (Schweiz) ist die jüngste in einer Reihe von interessanten CD-Projekten des der­zeit dort amtierenden Kirchenmusikers Johannes Strobl. Die besondere Akustik des Raumes mit seinen vier Musizieremporen, in Verbindung mit den berühmten Orgeln (Bos­sart, Schott) empfiehlt sich auch diesmal für die Einspielung räumlich mehrdimensional erfahrbarer, in diesem Fall sogar monumental besetzter Musik.
Die bisher so gut wie unbekannte und von der Musikforschung eher als „incerta“ beurteilte Missa in labore requies zu 24 Stimmen aus der Feder von Georg Muffat (1653–
1704) ist ein Produkt des Komponisten aus seiner Zeit als Hoforganist am Salzburger Fürstenhof in den Jahren 1678 bis 1690. Muffat, in Megève (Savoyen) geboren, in Paris ausgebildet, später Student der Jurisprudenz an der Ingolstädter Jesuiten-Universität, hatte nach vergeblicher Bewerbung um einen Pos­ten am Wiener Kaiserhof eine Anstellung in Salzburg erlangt, wo er an der Seite von Heinrich Ignaz Franz Biber wirkte und gemeinsam mit diesem der Salzburger Hofmusik eine im europäischen Kontext prominente Position zu sichern verstand.
Ein von seinem Dienstherren bewilligter Rom-Aufenthalt verschaff­te Muffat die Möglichkeit, sich bei Bernardo Pasquini und Arcangelo Corelli weiterzubilden. Diese intensive Beschäftigung mit den beiden großen europäischen Stilrichtungen befähigte ihn, einer der wirklichen Meister des „vermischten Stils“ zu werden. Die Missa in labore requies ist nun allerdings ein typisches Monumentalwerk Biber’scher Prägung, das geschickt die damals vorherrschenden Musizierverhältnisse im Salzburger Dom (vier Emporen mit vier Orgeln) mit der dem Erbe venezianischer Mehrchörigkeit sowie der Beherrschung der grundlegenden Stilistika zeitgenössischer Kom­posi­tionskunst (prima prattica, seconda prattica) verpflichteten Meisterschaft verbindet.
Es ist eine genussreich zu hörende Musik, die insgesamt sehr repräsentativ wirkt, zugleich den Messetext überzeugend deutet. Schöne Detaillösungen sind beispielsweise die sordiniert geblasenen Trompeten, die eine ganz erstaunliche, dem Streicher-col legno sehr ähnliche rhythmische und klangfarbliche Struktur hörbar machen. Johannes Strobl hat für diese ambitionierte Einspielung eine famose, aus zahlreichen renommierten Namen der Alte Mu­sik-Szene bestehende Musikertruppe aufgeboten, wobei vor allem das Trompetenconsort Innsbruck und das Ensemble „Les Cornets Noirs“ einen ausgezeichneten Eindruck hinterlassen. Das hochprofessionelle Vokalensemble „Cappella Murensis“ singt mit hervorragender Durchhörbarkeit und Klangschönheit, unterstützt von ins­gesamt fünf namhaften Organisten, die an drei Positiven und an den beiden Bossart’-schen Chororgeln wirken. Ergänzt wird das Programm der CD durch prächtige Instrumentalsonaten der Muffat’schen Kollegen und Zeit­genossen Biber, Schmelzer und Bertali. – Eine Einspielung, deren Klangbild die Pracht der vielchörig-repräsentativen Musik hervorragend zur Geltung kommen lässt!

Christian Brembeck