Radulescu, Michael
Madrigali (2010) für Orgel
Mit einer Spieldauer von rund 22 Minuten gehören die in neun Strophen gegliederten Madrigali Michael Radulescus zu den größeren neuen Stücken für die Orgel. Durch den Titel wird eine klare Ableitung von der Tradition des mehrstimmigen Gesangs indiziert. So bleibt die Musik linien- und flächenorientiert; sie wird von lang ausgestreckten Klängen dominiert und gibt sich insgesamt weiträumig meditativ. Als Bauplan für die Harmonik erläutert der 1943 in Rumänien geborene Komponist zu Beginn an Messiaen erinnernde auf- und absteigende Modi sowie eine Abfolge von als Subjectum bezeichneten neun Tönen nebst Umkehrung. Auch eine Tonwortausdeutung der Anfangsbuchstaben einer Evolutio werden erklärt: In nocte ars lucis et solis, es offenbart sich hier programmatisch der Inhalt des Werks.
In sanfter Registrierung, die exemplarisch von der neu restaurierten Egedacher-Orgel in Vornbach am Inn abgeleitet ist, öffnet sich die Musik in freier, glockenähnlicher Umkreisung weicher Harmonik, die entfernt einen Dominantseptakkord durchschimmern lässt. Die 2. Strophe reißt die Musik in ein presto e agitato aus Tonwiederholungen und Trillern, die in ständige Taktwechsel eingebettet sind, ohne ihre flächige Dichte zu verlieren. Aufblühende Klangwolken im Andante weben sich auch im folgenden Tranquillo-Abschnitt nach oben. Minimalistisch umkreisend ist die 4. Strophe für das Plenum notiert, das in einen von Pausen durchbrochenen Abschnitt mündet. Auf insistierenden Tonwiederholungen basiert der vorwärtsdrängende nächste Teil, bevor sich die Musik gegen Ende zum Pianissimo abbaut.
Dominik Susteck