Louis Lefébure-Wély

Leichte Orgelwerke, Band 2

hg. von Hans-Peter Bähr

Verlag/Label: Dr. J. Butz, BUTZ 2627
erschienen in: organ - Journal für die Orgel 2022/03 , Seite 61

Louis Lefébure-Wély (1817–69), das Enfant terrible der Pariser Orgelwelt der Belle Époque, ist einschlägigen Organisten und Orgellieb­habern durch zu Teil virtuose, dem galanten Unterhaltungsgenre verpflichtete Konzertstücke bekannt, die sich auch heute wieder großer Beliebtheit erfreuen. Hans-Peter Bähr, seines Zeichens Chef des Butz-Verlags, hat aus dem1877 posthum erschienenen Sammelband La Sainte Chapelle. Vade Mecum de l’Organiste in dieser zweiten Auflage 35 kurze Stü­cke herausgesucht und in Gruppen von zwei bis vier Stücken tonartlich aufsteigend geordnet. Sie stehen in der liturgischen Tradition der Orgel- und Harmoniumstücke, die von fast allen französischen Orgelmeistern des 19. Jahrhunderts in diversen Sammlungen bedacht worden ist.
Die einfallsreichen, zum Teil dem Poetischen verpflichteten Miniatu­ren in leichtem Schwierigkeitsgrad bilden auch für den „anfahenden Organisten“ (J. S. Bach, Vorwort zum Orgelbüchlein) eine willkommene Einführung in die Orgelromantik, tragen also durchaus instrumentalpädagogische Merkmale. Daneben bilden sie vorzügliche „Handstücke“ für den Spieler, der schnell einmal oder auch in Verlegenheitssituationen problemlos seine Wahl treffen möchte. Sowohl im Ordinarium Missae als auch als Choralvorspiele können sie praktische Verwendung finden. Die Titel wie Verset, Rentrée de procession, Offertoire, Communion, Élévation, Bénédiction unterstreichen den Gebrauchscharakter der Sammlung.
Dass an entsprechenden Stellen auch die Verwendung des Pedals in den ausschließlich manualiter notierten Stücken angebracht ist, entspricht der generellen Aufführungspraxis dieses Genres.
Die Edition ist übersichtlich gestaltet, der Notensatz großzügig und mit guten Wendestellen versehen. Ob allerdings über jedem Stück der Name des Komponisten samt Lebensdaten angeführt werden muss, erscheint dem Rezensenten reichlich überflüssig und suggeriert eine Ängstlichkeit des Verlags im Sinne von „alles meins“. Die Titelei weist doch übergeordnet darauf hin!
Recht hat der Herausgeber aber daran getan, den Komponisten auf dem Cover mit dem Foto der berühmten Cavaillé-Coll-Orgel von St. Sulpice zu ehren – bekanntermaßen die letzte Wirkungsstätte Lefébure-Wélys bis zu seinem Tod.

Wolf Kalipp