KlangFarben

Improvisationen an der Weimbs-Orgel op. 329 (2013) von St. Marien zu Delitzsch / Sachsen

Verlag/Label: label harp (OrgelMeisterMeisterOrgel op.12) LA 75552 (2015; Bestellung über www.weimbs.de)
erschienen in: organ 2016/02 , Seite 59

4 von 5 Pfeifen

KlangFarben – so der Titel der CD mit Improvisationen des Magdeburger Kathe­dralmusikers (Katholische Kathedralkirche St. Sebastian) Matthias Mück – weckt Neugierde und lässt auf eine nuancenreiche und farbenfrohe Klangvielfalt der dargebotenen Musik hoffen. Und in der Tat wird der Hörer hier zu einem famosen und erfrischend-in­spi­rierenden Spaziergang durch den Kosmos der Orgelklänge eingeladen.
Als Instrument für die vorlie-gende Aufnahme wurde die im Jahr 2013 erbaute Weimbs-Orgel von St. Marien im sächsischen Delitzsch gewählt. Der resonanzfreudige Kirchenbau wurde 1936 nach Plänen des Architekten Johannes Reuter errichtet. Das zweimanualige Instrument auf mechanischer Schleiflade – Opus 329 der Orgelbauwerkstatt aus Hellenthal in der Eifel – verfügt über Hauptwerk, Schwellwerk und Pedal und ist mit 23 Registern (mit Normal- und Subkoppeln) wahrlich keine „Großorgel“. Jedoch bietet das ausgesprochen klangschöne Werk – was die vorliegende Einspielung eindrücklich bestätigt – aufgrund der sorg­fältig zusammengestellten Disposition und der durchweg sehr gelungenen Intonation der Re­gister eine Viel­zahl reizvoller Klang­­kombinationen, die es dem Organisten ermöglichen, hier Mu­sik ganz unterschiedlicher Stil­epochen angemessen und gültig darzustellen.
Die Improvisationen auf dieser CD-Einspielung wurzeln zum einen in unterschiedlichen musi­ka­lischen Gattungen wie Concerto oder Cantus-firmus-Choralbearbeitung, zum anderen auch im Personalstil ver­­schie­dener Komponisten. Mit dem festlichen Marche Pontifical Delitzsch-Dur eröffnet Matthias Mück seine Impro­visationssequenz und stellt zugleich die klangliche Ausdruckskraft des Weimbs-Instruments variationsreich vor. In munterer Abfolge reihen sich Improvisationen ganz unterschiedlicher Stilistiken aneinander. So sind Stücke im barocken Stil, der Wiener Klassik sowie der französischen Orgel­musik des 19. und 20. Jahrhunderts nebeneinander zu hören. Außerdem werden die Komponis­ten Georg Friedrich Händel, César Franck, Jehan Alain und Olivier Messiaen jeweils mit einer eigenen „Hommage“ gewürdigt.
In den verschiedenen Improvisationen, beispielsweise den 6 Flötenuhrstücken im Stil der Wiener Klassik, den musikantisch daherkommenden Tanz­va­riationen oder den innig-introvertiert gehaltenen Cho­ral­bearbeitungen Komm, Gott, heiliger Geist oder Komm, Schöpfer Geist, kehr’ bei uns ein, aber auch in den Improvisationen im Idiom Alains oder Messiaens, in denen die französisch inspirierten Zungenstimmen besonders gut zur Geltung kommen, manifestiert sich die beacht­liche Stilsicherheit des Spielers. In Kombination mit einer ausgeklügelt-gekonnten Registrierung und beseeltem organistischen Zugriff entstehen so musikalische Preziosen, die dem Hörer schillernde Klangwelten eröffnen.
Besonders eindrucksvoll gestaltet Mück sein Boléro final: Noch verhalten zu Beginn, ist doch von An­fang an die ganze dynamische Kraft des rhythmischen Impulses spürbar; stetig nach vorne drängend steigert sich sukzessive die Lautstärke und mündet in einen ausdrucksstarken Schluss des vollen Werks.
Matthias Mück unterstreicht mit den vorliegenden Improvisationen einen sicheren Umgang mit der jeweils fokussierten Stilistik und den betreffenden musikalischen Formen. Mal sanft und feinfühlig, dann begeisternd und mitreißend-virtuos, bisweilen auch energisch-energiegeladen, aber stets nuancenreich und mit Esprit wird hier ganz unverkrampft eine farbenfrohe Klangwelt der Orgel präsentiert, in die man sich als Hörer gerne entführen lässt.

Stefan Antweiler