KlangFarben
Improvisationen an der Weimbs-Orgel op. 329 (2013) von St. Marien zu Delitzsch / Sachsen
4 von 5 Pfeifen
KlangFarben so der Titel der CD mit Improvisationen des Magdeburger Kathedralmusikers (Katholische Kathedralkirche St. Sebastian) Matthias Mück weckt Neugierde und lässt auf eine nuancenreiche und farbenfrohe Klangvielfalt der dargebotenen Musik hoffen. Und in der Tat wird der Hörer hier zu einem famosen und erfrischend-inspirierenden Spaziergang durch den Kosmos der Orgelklänge eingeladen.
Als Instrument für die vorlie-gende Aufnahme wurde die im Jahr 2013 erbaute Weimbs-Orgel von St. Marien im sächsischen Delitzsch gewählt. Der resonanzfreudige Kirchenbau wurde 1936 nach Plänen des Architekten Johannes Reuter errichtet. Das zweimanualige Instrument auf mechanischer Schleiflade Opus 329 der Orgelbauwerkstatt aus Hellenthal in der Eifel verfügt über Hauptwerk, Schwellwerk und Pedal und ist mit 23 Registern (mit Normal- und Subkoppeln) wahrlich keine Großorgel. Jedoch bietet das ausgesprochen klangschöne Werk was die vorliegende Einspielung eindrücklich bestätigt aufgrund der sorgfältig zusammengestellten Disposition und der durchweg sehr gelungenen Intonation der Register eine Vielzahl reizvoller Klangkombinationen, die es dem Organisten ermöglichen, hier Musik ganz unterschiedlicher Stilepochen angemessen und gültig darzustellen.
Die Improvisationen auf dieser CD-Einspielung wurzeln zum einen in unterschiedlichen musikalischen Gattungen wie Concerto oder Cantus-firmus-Choralbearbeitung, zum anderen auch im Personalstil verschiedener Komponisten. Mit dem festlichen Marche Pontifical Delitzsch-Dur eröffnet Matthias Mück seine Improvisationssequenz und stellt zugleich die klangliche Ausdruckskraft des Weimbs-Instruments variationsreich vor. In munterer Abfolge reihen sich Improvisationen ganz unterschiedlicher Stilistiken aneinander. So sind Stücke im barocken Stil, der Wiener Klassik sowie der französischen Orgelmusik des 19. und 20. Jahrhunderts nebeneinander zu hören. Außerdem werden die Komponisten Georg Friedrich Händel, César Franck, Jehan Alain und Olivier Messiaen jeweils mit einer eigenen Hommage gewürdigt.
In den verschiedenen Improvisationen, beispielsweise den 6 Flötenuhrstücken im Stil der Wiener Klassik, den musikantisch daherkommenden Tanzvariationen oder den innig-introvertiert gehaltenen Choralbearbeitungen Komm, Gott, heiliger Geist oder Komm, Schöpfer Geist, kehr bei uns ein, aber auch in den Improvisationen im Idiom Alains oder Messiaens, in denen die französisch inspirierten Zungenstimmen besonders gut zur Geltung kommen, manifestiert sich die beachtliche Stilsicherheit des Spielers. In Kombination mit einer ausgeklügelt-gekonnten Registrierung und beseeltem organistischen Zugriff entstehen so musikalische Preziosen, die dem Hörer schillernde Klangwelten eröffnen.
Besonders eindrucksvoll gestaltet Mück sein Boléro final: Noch verhalten zu Beginn, ist doch von Anfang an die ganze dynamische Kraft des rhythmischen Impulses spürbar; stetig nach vorne drängend steigert sich sukzessive die Lautstärke und mündet in einen ausdrucksstarken Schluss des vollen Werks.
Matthias Mück unterstreicht mit den vorliegenden Improvisationen einen sicheren Umgang mit der jeweils fokussierten Stilistik und den betreffenden musikalischen Formen. Mal sanft und feinfühlig, dann begeisternd und mitreißend-virtuos, bisweilen auch energisch-energiegeladen, aber stets nuancenreich und mit Esprit wird hier ganz unverkrampft eine farbenfrohe Klangwelt der Orgel präsentiert, in die man sich als Hörer gerne entführen lässt.
Stefan Antweiler