Jubilee Edition 2011 Franz Liszt
Complete Works for Organ
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Komponistenjubiläen führen meist zu zahlreichen Neuerscheinungen auf dem Schallplattenmarkt. Oft sind veritable Entdeckungen dabei. Hier ist höchst positiv anzumerken, dass auch die kleineren Orgelwerke Liszts aufgenommen sind, die im Gegensatz zu den drei großen Werken eher selten auf Tonträger erscheinen. Gleichzeitig stellt sich der Interpret natürlich mit Ad nos, BACH und Weinen, Klagen in Konkurrenz zu zahlreichen bereits existierenden hervorragenden Aufnahmen und muss sich an diesen messen lassen. Grundsätzlich sei gesagt, dass hier selbstverständlich ein routinierter Organist auf professionellem Niveau spielt. Allerdings ist hier gut eben nicht gut genug, um eine weitere Aufnahme der sattsam bekannten Stücke zu rechtfertigen.
Die Spieldauer der Prophetenfantasie bezeugt eher gemächliche Tempi. Das kommt leider nicht einem Ausspielen der lyrischen Momente zugute, sondern liegt an einer heillos verschleppten Fuge. Schon in den Anfangstakten kündigt sich das grundsätzliche Problem an: Die kurzatmigen Phrasierungen verhindern jeden größeren Bogen und lassen den musikalischen Fluss auf der Stelle treten. Ebenso hört man BACH mit steigender Ungeduld, weniger wegen eines zu langsamen Tempos, sondern wegen des völligen Fehlens größerer Spannungsbögen.
Ähnlich problematisch stellen sich die Registrierungen dar: hier eine zu pastos-dickliche Mischung, dort eine unbefriedigende Soloregistrierung auf dem neobarocken Rückpositiv, die einem Buxtehude-Choralvorspiel besser zu Gesicht gestanden hätte. Hier ein misslungenes Crescendo mit unschön hereinrumpelnden Zungen, dort ein holpriges Decrescendo. Die für die Aufnahme verwendete Jehmlich-Orgel tut ein Übriges, den ungünstigen Eindruck zu verstärken. Sicher handelt es sich um ein vielseitig verwendbares modernes Universalinstrument. Ob aber für ein solches Aufnahmeprojekt die richtige Wahl getroffen wurde, muss bezweifelt werden. Viele Farben bleiben unverbindlich, von fast synthetischer Glätte. Das Rückpositiv ist klanglich schlecht integriert, was auch an der Aufnahmetechnik liegen mag, und addiert mit hohen Aliquoten und einer deutlich spuckenden Quintade eine neobarocke Note zum Gesamtklang, die nicht recht passen will.
Eine Besonderheit stellen natürlich die selten eingespielten kleineren Stücke dar. Bei technisch geringeren Anforderungen zieht sich Liszt auf einen musikalischen Minimalismus zurück, komponiert quasi sein eigenes kompositorisches Verstummen auf erschütternde Weise mit. Leider bleiben auch hier Wünsche offen: Es fehlt wiederum oft an ausreichender Innenspannung und klanglicher Fantasie; als Beispiel mögen die blass geratenen Kreuzandachten gelten. Andere Zyklen sind besser gelungen, wie z. B. Der Weihnachtsbaum. Aber selbst dort ist es nicht schwer, atmosphärisch dichtere Alternativen zu benennen, wie die alte, noch auf LP erschienene Aufnahme einiger Nummern mit Hermann J. Busch in Kuchenheim. Begrüßenswert ist sicher, hier alle Werke Liszt greifbar zu haben; musikalisch muss man eher von einer vertanen Chance sprechen.
Axel Wilberg