Holzhey Organ Rot an der Rot
Musik von J. S. Bach, François Couperin, Anonymus (Pistoia), Padre Davide da Bergamo, Louis-James Lefébure-Wély und Josef Gabriel Rheinberger
4 von 5 Pfeifen
Der Interpret, mit seiner Hausorgel hörbar bestens vertraut und durch sein Studien bei Ton Koopman ausgewiesener Fachmann für Alte Musik, präsentiert hier ein instruktives Programm, das die Vorzüge und unterschiedlichen klanglichen Facetten des Instruments in ihrer ganzen Vielfalt zur Geltung bringt.
Gleich am Beginn der CD interpretiert Raml auf dem vorzüglich restaurierten Instrument (bei historischen Orgelaufnahmen leider nicht die Regel) Bachs Pièce dOrgue in G mit jugendlicher Verve und leuchtenden Farben in wunderbar luziden Registrierungen. Durch die für süddeutsche Orgeln typischen Klänge wie etwa der hauchig-gläserne Ton gewisser 8-Labiale oder auch die flötenuhrartige Herangehensweise Ramls an den zweiten Satz kann man der folgenden Pastorella ungewohnte klangfarbliche Facetten abgewinnen.
Wohl wegen des für eine süddeutsche Orgel relativ hohen Dispositionsanteils von Zungenstimmen schließen sich Stücke aus François Couperins Orgelmessen an, u. a. das wohlbekannte Offertoire sur les Grands Jeux aus der Messe Solemnelle à lusage des Paroisses (in diesem Punkt irrt der Booklettext, der das Stück mit dem Pendant aus der vergleichsweise schlichter gestalteten Kloster-Messe des Komponisten verwechselt), dessen ersten Teil Raml mit bemerkenswerter égalité wiedergibt. Manch französischer Zungen-Liebhaber mag vielleicht an den etwas geraderen und weichen deutschen Zungenstimmen Anstoß nehmen.
Dafür klingt die Holzhey-Orgel in Rot bei den sich anschließenden anonymen italienischen Versetten ohne Abstriche einfach fantastisch, ebenso bei dem opernhaft beeinflussten Offertorium von Padre Davide da Bergamo. Hierauf unmittelbar zwei Werke von Léfebure-Wély folgen zu lassen, ist keine schlechte Idee, auch hier bietet der frische Holzhey-Klang eine akzeptable Alternative zu Cavaillé-Coll.
Auch die abschließende Sonate Nr. 4 a-Moll von Rheinberger über den tonus peregrinus, ein Stück ernsten Charakters, wird von Raml souverän gestaltet. Es ist erstaunlich, dass die etwa zur Zeit der Wiener Klassik entstandene Orgel (natürlich mit hörbarer Verwurzelung in barocker Tradition) der romantischen Faktur des Stücks entspricht. Lediglich im ersten Satz macht sich, auch wegen der mixturlastigen Registrierung, an manchen Stellen die für eine historische Temperierung moderate Vallotti-Stimmung bemerkbar. Dafür wartet der zweite Satz mit aparten Grundstimmen auf, und die abschließende Fuge bringt das Plenum des großartigen Instrumentes nochmals vollauf zur Geltung.
Christian von Blohn