Sara Wennerberg-Reuter, Emil Sjögren, Gustaf Adolf Mankell, Claes Wilhelm Rendahl, Elfrida Andrée, Georg Wilhelm Heintze und Franz Berwald
Gothica
Jan H Börjesson an der Åkerman-Orgel der Kathedrale von Uppsala (Schweden)
Bewertung: 5 von 5 Pfeifen
Der 1969 geborene schwedische Organist, Orgelexperte und Autor Jan Henrik Börjesson ist hierzulande kaum bekannt, in seiner Heimat jedoch eine echte „Größe“. Eine seiner Leidenschaften sind „verschollene“ Orgelwerke schwedischer Komponisten. Die vielen CDs, die er hierzu aufgenommen hat, sind in Deutschland kaum erhältlich. Sie tragen Titel wie alle leggenda, Fantasia und Avi Maris Stella (alle drei erschienen beim Label nosag) oder Elegiacal Pieces (Footprint Records). Neben bekannten Meistern sind stets einige schwedische „Unknowns“ wie etwa Viking Dahl (1895–1945) oder Gösta Lundborg (1903–66) vertreten.
Gothica ist Börjessons erstes Album, auf dem er ausschließlich (seine) Entdeckungen präsentiert. Im Booklet schreibt er: „Die Auswahl der Musik für diese CD war sowohl eine Herausforderung als auch eine große Inspiration. Es wurde viel Mühe darauf verwendet, neues Repertoire in den Archiven zu finden, und oft führte die Suche zu Enttäuschungen in Form von Musik, die vielleicht besser in Frieden ruhen sollte.“ Allerdings, so fügt er hinzu, seien die guten und für die CD ausgewählten Werke „von so hoher Qualität“, dass sie eindrucksvoll die Behauptung widerlegten, die schwedische Orgelmusik vor 1900 habe „nicht viel zu bieten“. „Mein Ziel war es, Musik zu finden, die im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts entstanden ist und so die Epoche und ihr wichtigstes Klangmedium auf der Orgelseite – die Orgel in der Kathedrale von Uppsala – widerspiegelt.“
Mit der vorliegenden CD hat Börjesson sein Ziel auf eindrucksvolle Weise erreicht. Ohne die Werke miteinander vergleichen und ihre kompositorische Qualität dabei einzeln bewerten zu wollen, lässt sich sagen, dass hier echte Schätze gehoben wurden und auf vorbildliche Weise präsentiert werden. Höhepunkt ist sicher die Suite i 3 satser von Georg Wilhelm Heintze (1849– 95), die genau wie das starke Preludium & fuga d-moll von Sara Wennerberg-Reuter (1875–1959) und andere Stücke als Weltersteinspielung erklingt.
Im Booklet erfahren wir, dass die Orgel der Kathedrale von Uppsala das größte Instrument des 19. Jahrhunderts in Schweden ist, das nach einigen Umbauten 1941 und 1976 zwischen 2020 und 2022 wieder in seinen ursprünglichen Zustand von 1871 zurückversetzt worden ist. „Nirgendwo sonst kann man der Orgelästhetik des späten 19. Jahrhunderts näher kommen als hier […] und nirgendwo sonst findet man eine so reichhaltige und vollständige Åkerman-Orgel wie hier.“
Jan Henrik Börjesson taucht die Werke mit seinem noblen und – im besten Sinne des Wortes – gediegenen Spiel und, vor allem, mit Hilfe der herrlich romantisch klingenden „Åkerman“ in ein – fast möchte man sagen – warmes Abend- und Sonnenuntergangslicht, das die Schönheiten der Preziosen, die er uns hier präsentiert, ideal zum Ausdruck bringt. Die großartige Tontechnik der CD sorgt für den letzten Hör-„Kick“. Fantastisch!
Burkhard Schäfer