Werke von J. S. Bach, Johann Samuel Beyer, Johann Carl Friedrich Rellstab, Johann Heinrich Buttstedt, Georg Muffat und Johann Krieger

Freiberger Silberklang

Albrecht Koch und Clemens Lucke an den Freiberger Silbermann-Orgeln

Verlag/Label: Querstand, VKJK 2213 (2022)
erschienen in: organ - Journal für die Orgel 2023/01 , Seite 60

Bewertung: 4 von 5 Pfeifen

Freiberg ist eine Orgelstadt par excellence. Welcher andere Ort kann sich schon damit rühmen, gleich vier Instrumente des berühmten Gottfried Silbermann in seinen Mauern zu besitzen? Deshalb war es eine fabelhafte Idee, diese vier unterschiedlich großen Werke des Freiberger Meisters einmal auf einer CD zu vereinen und damit ein umfassendes Hörerlebnis seiner unterschiedlichsten Konzeptionen anzubieten und gegenüberzustellen.
Die Wurzel zu dieser Idee ist gleichwohl bei Gottfried Silbermann selbst zu finden. Ab dem Jahr 1735, also mit der Einweihung der Orgel in St. Petri, war er in der Lage, in seinem Freiberger Wirkungsort den potenziellen Interessenten und Kunden alle fünf Modelle seiner Konzeption vom Orgelpositiv bis zur gro­ßen Domorgel vorzuführen und zu demonstrieren. Vier Orgeln blieben erhalten und wurden auf Anregung des Fördervereins Gottfried Silbermann e.V. unter Regie seines Vorsitzenden Andreas Schwinger auf der vorliegenden CD vereint, nämlich die kleine und die große Domorgel und die zweimanualigen Werke in St. Petri und St. Jacobi. Lediglich das einst im Besitz des Domorganisten Erselius befindliche Positiv existiert nicht mehr.
Die beiden Interpreten sind zugleich amtierende Kirchenmusiker an jenen Orgeln und damit natürlich bestens vertraut mit allen Spezifika hinsichtlich Registrierung, Artikulation und Umgang mit der Raumakustik. Das ist von großem Gewinn und zeigt, wie Koch und Lucke mit ‚ihren‘ Orgeln verwachsen sind. So erlebt man bei den Tempi keine unnötigen Parforceritte und spürt, dass beide Organisten die von Silbermann überlieferten Registrieranweisungen beherzigen und in ihrem Interpretationskonzept aufgehen lassen. Sie sind allerdings nicht im Booklet vermerkt.
Beim Repertoire gibt es neben Klassikern wie Bachs Concerto in a-Moll nach Vivaldi oder Muffats Toccata septima einige bemerkenswerte Entdeckungen. Auch das ist ein Plus dieser CD. Zu den Raritäten gehört ein Choral mit Veränderung von Johann Samuel Beyer, dem Domorganisten zu Silbermanns Lebzeiten, oder die wunderbar auf die kleine Domorgel passende und ganz im galanten Stil gehaltene Sonata del Organo von Johann Carl Friedrich Rellstab, delikat von Albrecht Koch auf die Tas­ten gesetzt. Clemens Lucke schwelgt in den Flötenstimmen der Orgel von St. Petri im langsamen Satz der 3. Triosonate von Bach. Schade, dass er nicht die komplette Sonate eingespielt hat. Dafür entschädigt er mit der leichtfüßigen Fuga in C von Johann Heinrich Buttstedt und mit dessen Partita „O Gott, du frommer Gott“ oder mit Johann Kriegers Toccata in C.
Im ansprechend gestalteten Book­­let kann man prächtige Fotos und detaillierte Angaben zu den Orgeln und Kompositionen entdecken. Leider haben sich bei den Dispositionen zwei kleine Fehler eingeschlichen, denn der Pedalumfang der kleinen Domorgel dürfte wohl kaum im Laufe der Zeiten bis c’’’ erweitert worden sein, und die Schiebekoppel in St. Petri koppelt ganz bestimmt nicht das I. an das II. Manual. Das tut aber nichts zur Sache bei dieser insgesamt sehr ansprechenden Einspielung.

Felix Friedrich