Peretti, Pier Damiano

Florete flores

per organo barocco

Verlag/Label: Edizioni Carrara 5422
erschienen in: organ 2016/01 , Seite 62

Die Reihe Contemporaneo der Edition Carrara bringt in regelmäßigen Abständen zeitgenössische Orgelmusik verschiedener Komponis­ten heraus. Der vorliegende Band ist mit 4/2015 betitelt. Das 19-seitige Werk entstand im Sommer 2015 in Wien und wurde in St. Jacobi (Hamburg) an der dortigen rekonstruierten Schnitger-Orgel uraufgeführt. Es ist dem italienischen Organisten Luca Scandali (*1965) gewidmet. Dem Werktitel entsprechend lässt es sich adäquat auf einer barocken Orgel spielen. Den Text der gregorianischen Communio Florete flores zitiert Peretti am Ende der Komposition.
„Blüht, ihr Blumen, wie die Lilie, strömt Duft auf und grünt voll Anmut. Singt miteinander ein Lob­-lied …“ (Jesus Sirach, 39,19). Wie lässt sich eine Musik, die sich programmatisch quasi olfaktorisch (am Duftsinn) orientiert, ausgerechnet für ein statisch anmutendes Instrument wie die Orgel sinn- und sinnenreich komponieren? Noch dazu wenn die Partitur auf die Möglichkeiten einer großen Orgel sogar verzichtet? Tatsächlich kreiert Peretti eine Musik in einem fluiden, zärtlichen Duktus. Die freie Rhyth­mik, die nur an einigen Stellen in ein konventionelles Gefüge eingebettet ist, trägt dazu bei. Oftmals fließt die Musik in langen Achtelketten, die jeweils von Fermaten durchbrochen werden. Erst im späteren Verlauf werden Sechzehntel mit sich wiederholenden Tonfolgen eingestreut.
Tupfend vollzieht sich das musikalische Geschehen der ersten Partiturseite nur mit einem solistischen Flauto 4’. Ein aufgespaltener Akkord bringt die Harmonie dieser Musik hervor und erinnert an einigen Stellen an Filmmusik, da einige Akkorde mit ungewohnten Wendungen operieren. Allmählich treten lange Orgelpunkte hinzu, choralartige Sequenzen und schließlich auch repetierende Basstöne. Der aufgebrochene Satz erreicht seinen Höhepunkt im direkten Zitat des Chorals. Die weitere Verarbeitung zeigt freie Stellen, an denen die Schleifen der Register langsam gezogen werden und sich wieder schließen. In einem schnellen Teil werden die Orgelpunkte zu Repetitionstönen. Allmählich treten die erwähnten Sechzehntelfiguren auf, die später in große Trillerketten münden. Gegen Ende ertönt als kurze Reprise noch einmal der Flauto 4’, bevor die Musik mit offenem Schluss quasi „sprachlos“ verstummt.

Dominik Susteck