Flaschenpost-Geheimnisse
Paul Dukas und seine Schüler Alain, Messiaen und Duruflé
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Die Flasche, die ich ins Meer warf? Ich mache mir kaum Illusionen über die Anzahl derer, die die in ihr enthaltene Botschaft entziffert haben werden. Dieses Zitat des französischen Komponisten Paul Dukas (18651935) ist diesem Gesamtkunstwerk, so möchte ich diese fantastische Produktion des zum Aufnahmezeitpunkt erst 17-jährigen Sebastian Heindl vorneweg bezeichnen, vorangestellt.
Heindl, in seiner Jugend schon ein umfassend gebildeter Musiker (u. a. im Thomanerchor bei Georg Christoph Biller dort zuletzt auch Orgelpräfekt und dem Leipziger Universitätsorganisten Daniel Beilschmidt), hat die gesamte Produktion neben den musikalischen Inhalten auch textlich (fundiert und informativ) sowie visuell (sinnhafte Ergänzung von Musik und Text) vorzüglich und überaus passend gestaltet. Von seinem Wissen und seinem enthusiastischen, mitreißenden Engagement zeugt nicht zuletzt auch Beitrag in organ 2/2016 zum nämlichen Thema.
Als musikalischen Hauptteil der Einspielung präsentiert Heindl eine Weltersteinspielung einer eigenen, rund 23 minütige Orgeltranskription der Ballettmusik La Péri für großes Orchester von Paul Dukas: ein überaus lohnendes, opulent und raffiniert instrumentiertes Werk von hoher Dichte und großer musikalischer Meisterschaft. Aus dieser komplexen Orchesterpartitur ein ebenso lohnendes Orgelstück zu machen, ist eine Aufgabe, die den jugendlichen Bearbeiter fraglos viel Zeit und Mühen gekostet hat. Auf der anderen Seite stehen die hohen Anforderungen an den Ausführenden, um die Orchestertranskription eines impressionistischen Großorchesterwerks einigermaßen in den verschiedenen Klangebenen, die sich immer wieder ein- und ausblenden, darstellen zu können.
Beides hat Heindl souverän und überzeugend gemeistert. Durch effektvollste Registrierungen, subtilen Schwellergebrauch, überraschende Akzente, orgelgemäße Umsetzung, beispielsweise durch Aliquotregistrierung von Mixturklangfolgen der vom Komponisten original besetzten Célesta, überzeugenden Ersatz der Perkussionsinstrumente durch Orgelklänge und nicht zuletzt durch die kompetente Auswahl, was aus der riesigen Partitur sinnvoll auf zwei Hände und zwei Füße verteilt werden kann und was weggelassen werden muss, erreicht Heindl hier ein Optimum. Man darf hoffen, dass sich bald ein geeigneter Verleger findet, diese großartige Musik in der gelungenen Transkription für Orgel für die breitere Organistenzunft herauszubringen.
Die weiteren Werke der CD stammen von drei (orgel-)bekannten Kompositionsstudenten Dukas: Es sind die beiden Fantaisies von Jehan Alain, die komplette (frühe) LAscension von Olivier Messiaen und Maurice Duruflés Variationen über Véni créator spiritus opus 4. Die Affinität zum gemeinsamen Lehrer Dukas ist auf dieser Aufnahme wunderbar nachzuvollziehen. Heindl spielt die Werke absolut authentisch, technisch perfekt, feurig, mitreißend und eben auch wieder mit unendlicher Ruhe (in den langsamen Sätzen von LAscension) , stets stimmig registriert. Er bändigt die Magdeburger Großorgel überlegen, und die Aufnahmetechnik präsentiert sie zudem in bestem Licht.
Bravissimo für dieses mitreißende Gesamtkunstwerk und für Sebastian Heindls Mentoren und Lehrer, die solches ermöglicht haben! Man spürt beim Anhören dieser CD, dass die Aufnahme ein besonderes Herzensanliegen des Interpreten im allerbesten Sinne des Wortes gewesen ist.
Stefan Kagl