Fagiani, Eugenio Maria

Fagiani plays Fagiani

Eigenkompositionen, Improvisation, Transkription

Verlag/Label: Spektral SRL4-12109 (2012)
erschienen in: organ 2012/04 , Seite 58

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Die vorliegende CD enthält ausschließlich Kompositionen und Bearbeitungen des Italieners Eugenio Maria Fagiani (geboren 1972), der in Bergamo u. a. als Titularorganist einer symphonisch ausgerichteten Locatelli-Orgel von 1899 wirkt.
Mit der Späth-Orgel der St. Georg-Kirche in Riedlingen/Donau wählt Fagiani, der hier zugleich als sein eigener Interpret fungiert, gleichfalls ein symphonisch-romantisch gefärbtes Schleifladeninstrument aus dem Jahr 1997. In diesen Klangwelten scheint er musikalisch beheimatet. Interessant an der Riedlinger Disposition – mit zwei Schwellwerken – ist zudem die Vorrechnung von Druckpunktminderern: Sie ermöglichen eine Veränderung des Spielgefühls bis hin zu stufenlosem Anschellen des Einzeltons. Fagiani verzichtet indes weitgehend auf Anschlagsdifferenzierungen. Ihn interessiert offenbar das „virtuos-romantische“ Moment des Orgelspiels.
So möchte er sich auch als Komponist verstanden wissen. Auf der Rückseite der CD heißt es vollmundig: „Große Orgelkunst in Welterst­einspielung!“ Entsprechend kann man in Fagianis Orgelparadies auf dieser CD ungebrochen in romantischen Gesten und Attitüden schwelgen (Victimae Paschali Laudes op. 96). Im Kontrast allzu brav und mit wenig Kontur wirkt die Mozart-Bearbeitung: Adagio aus der Gran Partita KV 361. Wild tönen die Sequenzen der Pusztaszabolcs Suite op. 97, ein ungarisches Auftragswerk, zwischen impressionistischem Virtuosentum und lyrischen Passagen. Ähnlich aufwühlend geriert sich die 18-minütige Improvisation über das gregorianische Ave Maris Stella. Gegen Ende der Einspielung präsentiert sich sodann die Tanz-Toccata Lauda Sion Salvatorem op. 95 wieder in recht fasslichem und virtuosem Stil.
Fagiani brilliert auf der vorliegenden CD weniger als Komponist denn als Virtuose. Die Musik spinnt sich über weite Strecken quasi-improvisatorisch fort, manchmal unterhaltend flach, nie tiefgründig, bestenfalls leichtfüßig. Gerade die permanente Motorik hat auf die Dauer gesehen bisweilen etwas Ermüdendes an sich, inhaltlich dazu wenig fantasievoll-überraschend. Dazu trägt auch der meist sehr satte, pathetische Orgelklang bei, der diese Einspielung charakterisiert und beherrscht; die Registrierungen bewegen sich meist auf dem Terrain klanglicher Standardlösungen. Gerade in den intimeren, leisen Abschnitten bedient sich Fagiani immer wieder altbekannter klanglicher Versatzstücke. Die Stimmung der Musik bewegt sich zwischen synkopisch aufgeladenen Rhythmen und lyrischer Sentimentalität. Was man vermisst, ist eine freiere autonome, ja reflektierte Behandlung des Instruments Orgel. Allerdings ist die Aufnahme in sich stimmig und abgerundet: Als Visitenkarte des komponierenden Virtuosen Fagiani hat sie gewiss ihren eigenen Reiz, insbesondere, wenn man diesen beeindruckenden Orgelvirtuosen gerade live im Konzert gehört hat.

Dominik Susteck