Carson Cooman

Expressions for organ

Verlag/Label: Carus 18.042
erschienen in: organ – Journal für die Orgel 2020/01 , Seite 57
Schaut man sich auf der Homepage des Komponisten Carson Cooman die Liste seiner Werke an, staunt man nicht schlecht ob der aktuellen (März 2020) Opuszahl 1348. Angesichts dieser Fülle handelt es sich bei dem 1982 in New York geborenen US-Amerikaner eher wohl nicht um eine introvertierte Künstlerpersönlichkeit, die erst auf den rechten Moment warten muss, ehe sie die Feder in die Hand nimmt. Eher drängt sich das Bild des produktiv-routinierten Handwerkers auf, der unentwegt arbeitet, aber auch „auf Bestellung“ Töne zusammensetzt.
Dies alles mag despektierlich klingen, mag aber das zuweilen in Schieflage geratene Image des Komponisten wieder etwas zurechtrü­cken. Komponieren ist zunächst ein Handwerk, das bestimmten Regeln und Gesetzen folgt. Dennoch bedarf es aber mehr, und sicherlich gehört auch einer Prise Inspiration, ein Spritzer Wagemut hin zu Neuem, ein Quäntchen (Klang-)Vision dazu. Ohne Cooman jetzt mit J. S. Bach vergleichen zu wollen: Auch der Thomaskantor war ein arbeitsamer „Handwerker“ vor dem Herrn, der in seiner Leipziger Zeit wöchentlich zu liefern hatte. Und mal ehrlich: Nicht wirklich jedes Werk von Bach ist der große Wurf – man denke nur an den „Hype“ um die in den 2000er Jahren entdeckte Choralfantasie BWV 1128. Doch sind auch die weniger inspirierten, eher sperrig daherkommenden Werke Bachs nicht auf Sand, sondern stets auf Fels gebaut, und das macht den qualitativen Unterschied.
Coomans Kompositionen gleichen hingegen eher einer schnellen Leichtbauweise: Man nehme hier, man nehme da, schraubt, klebt, nagelt zusammen … hält doch! Zumindest solange kein Kritiker in Sicht ist.
Ein wenig verwundert es da schon, dass sich der Carus-Verlag, der seit einigen Jahren verstärkt auch auf dem Orgelmarkt mit ambitionierten Projekten wie etwa der Gesamtausgabe der Orgelwerke von Louis Vierne unterwegs ist, nun unter dem Titel Expressions for Organ des US-Amerikaners annimmt. Der Band enthält 14 Kompositionen Coomans aus den Jahren 2013 bis 2018, allesamt von überschaubarer Länge, zumeist zwei bis drei Seiten, maximal sechs Seiten, und moderatem Schwierigkeitsgrad, sofern nicht vom Blatt zu spielen.
Klanglich bewegen sich die Stücke allesamt im harmonischen Weichspülgang, was sie primär zur leicht verdaulichen und hörerfreundlichen Kost macht. Doch leider bleibt diese Musik nur an der Oberfläche, spielt mit Floskeln und stereotypen Wendungen. Auffällig sind dabei ostinate Figuren, ob in den Begleitstimmen oder als eine Art Perpetuum mobile in der Oberstimme – hier allerdings dann etwas nervig wie in Preludio on a Swedish Tune, ganz und gar schulmeisterlich wird es da, wo das Kompsitionsschema der Fuge bemüht wird.
Persönliches Fazit: Wer auf moderatem Niveau Brauchbares für das gottesdienstliche Spiel sucht, der wird hier sicherlich fündig. Zudem sind die Werke auch auf kleinen, bescheidenen Instrumenten bereits überzeugend darstellbar, was sie vielseitig einsetzbar macht.
Wolfgang Valerius
Der Autor hat bereits in organ 3/2018 eine CD mit Werken von Carson Cooman besprochen.