Eine musikalische Wanderung zu neun Orgeln in der Region Harz

Orgellandschaften [21]. Jörg Ehrenfeuchter, Martin Hofmann und Gerald de Vries, Orgel

Verlag/Label: NOMINE e. V. (Johannis­straße 3, 21682 Stade, www.nomine-net)
erschienen in: organ - Journal für die Orgel 2020/04 , Seite 54

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Der überaus rührige Verein „Norddeutsche Orgelkultur in Niedersachsen und Europa“ (NOMINE e. V.) betreibt nicht nur eine reichhaltige, mit fundierten Informationen laufend neu bestückte Internetseite und fördert erfolgreiche Veranstaltungsformate, er ediert darüber hinaus sehr profilierte CDs, so nun auch zu neun bemerkenswerten Or­geln in der Region Harz.
Neben der Treutmann-Orgel (1734–37) in Grauhof mit ihrem prächtigen Plenum sind aus dem 18. Jahrhundert die Instrumente in Nienstedt-Förste, Liebenburg und Lochtum wahre Neuentdeckungen. Ein weiterer Vorzug der Produk­tion ist, dass auch der Orgelbau des 19. Jahrhunderts mit den Engelhardt-Orgel in Herzberg und Schwiegershausen sowie der Krell-Orgel in Lohnau gewürdigt wird; Letztere ist ein mittlerweile selten gewordenes Beispiel für die Dorforgel der Hochromantik. Mit den bemerkenswerten Instrumenten in der Stabkirche Hahnenklee (Goll 1994) und der durch Freiburger Orgelbau Späth 2012 erweiterten Karl-Schuke-Orgel von 1970 in der Goslarer Marktkirche ist außerdem die Orgelbaukunst des 20. Jahrhunderts mit kreativen Lösungen repräsentiert.
Gerade durch die Wahl überwiegend vertrauten Repertoires (Georg Muffat, J. S. Bach, Böhm, Schumann, Mendelssohn Bartholdy, Brahms und Reger) arbeiten die Interpreten die Qualitäten der jeweiligen Orgeln auf hohem künstlerischen Niveau heraus, etwa die intime Schönheit der kleineren Werke aus der Barockzeit mit ungleichstufiger Temperierung. Weniger geläufig ist Johann Gottfried Walters Ciacona „O Jesu, du edle Gabe“. Außer Schumann komponierte auch Joseph Bonnet für den Pedalflügel, wobei der mit kräftigen Zungenstimmen registrier­te Schluss seiner Deuxième Légende aus op. 7 die trockene Akustik der Holzeinrichtung in Hahnenklee zu sprengen scheint; doch ein solcher Raum verlangt von Intonateur, Musiker und Aufnahmetechniker schier Unmögliches.
Die Informationen zu Titelei und Orgeln muss man sich im etwas überfrachteten und nicht nach der Hörfolge erstellten Booklet zusammensuchen; einige der schönen Bildmotive verlieren in der Kleinteiligkeit an Wirkung. Dennoch we­­cken sie – und natürlich vor allem die verheißungsvollen Klänge – die Lust auf eine musikalische Harzreise. Sie ist für fachlich Interessierte auch deshalb lohnend, weil sich die beteiligten Werkstätten mit vorzüglichen und gewissenhaften Restaurierungen bestens empfehlen.

Markus Zimmermann