Bohm, Rainer
Die Bremer Stadtmusikanten
Ein szenisches Orgelmärchen
Zum unerschöpflichen multimedialen Angebot an Büchern und Musik speziell für Kinder gesellen sich nun zwei Neuerscheinungen aus dem Hause Schott als Partituren zur Aufführung für Orgel und Sprecher. Bei beiden Kompositionen lohnt sich es auch für Erwachsene, in die Märchenwelt dieser Erzählungen einzutauchen.
In den Drei Märchen für Erzähler und Orgel (2012) Der Mönch und das Glöcklein (ein japanisches Märchen), Die Palme und der Stein (ein afrikanisches Märchen) und Gott und der Friseur (ein islamisches Märchen) von Enjott Schneider (geb. 1950) wird der auch in einer englischen Übersetzung offerierte Text in kurzen Abschnitten rezitiert und von virtuosem Orgelklang umspielt, klanglich kommentiert und ausgedeutet. Dazu braucht es neben dem Sprecher eine zweimanualige Orgel mit Schwellwerk, 16 im Pedal, unterschiedliche Zungen sowie eine Klangschale für das japanische Märchen. Alle drei Märchen stellen in rhythmischer Hinsicht vereinzelt höhere Ansprüche, erfordern aber vor allem eine flexible Klangfantasie zu Realisierung etwa der Anweisungen fragil und gläsern schön, Schalmeiklang / arabisch oder witzig und lebensfroh. Insgesamt sind einer lebendigen und pittoresken Ausführung keine Grenzen gesetzt.
Der Komponist Rainer Bohm, Jahrgang 1956, hat schon mehrere Märchen Der Garten des Riesen oder Der Froschkönig und christliche Legenden in Musik gesetzt. Sein szenisches Orgelmärchen für eine zweimanualige Orgel mit Pedal, Pauke und Sprecher handelt von den Bremer Stadtmusikanten. Die Registrierungsangaben erfordern etwa eine weiche Zunge und eine Terz im Schwellwerk oder schlicht ein 16-Register. Auch hier sind versierte technische Fertigkeiten zur Realisierung der dramatischen oder stimmungsvollen Szenen erforderlich, um das pittoreske Geschehen hörbar zu machen. Der zugrunde liegende Text, aufgeteilt in 56 kleine Sequenzen, folgt wortwörtlich dem Märchen der Gebrüder Grimm. Auf einer der Partitur beiliegenden CD-ROM sind 56 Aquarelle von Hartmut Mezger aufgezeichnet, die in herrlich farbigen und lebendigen Bildern zum gesprochenen Text und der Orgelmusik auf einer Leinwand gezeigt werden sollen (können). Je nachdem ob sich die vier Stadtmusikanten in aufregenden oder friedvollen Situationen befinden, wechselt das rasante oder abgebremste Tempo mit Elementen einer lauffreudigen Toccata oder einem maßvoll-schreitenden Choral.
Beide Kompositionen sind im vertrauten tonalen System geschrieben, ausgenommen natürlich die effektvoll-dissonanten Beschreibungen von Schreck- oder heftigen Affektsituationen. Es mag durchaus möglich und sinnvoll sein, beide nicht allzu langen Werke in einer einzigen Konzertveranstaltung zu kombinieren.
Christian Ekowski