Bach, Johann Sebastian

Die Achtzehn Leipziger Choräle (BWV 651-668)

2 CDs

Verlag/Label: Rondeau ROP6050/51 (2011)
erschienen in: organ 2011/02 , Seite 51

2 Pfeifen

Schon der bloße Anblick der CD mag beim Betrachter ein gewisses initiales Befremden auslösen: Auf dem Cover, das den Interpreten vor dem Kirchenraum zeigt, erscheint sein Name in überdimensional gro­ßen Lettern; Komponist und Repertoire hingegen sind erst auf den zweiten Blick bei näherem Hinsehen wahrnehmbar.
Immerhin weckt alleine der Klappentext hohe Erwartungen („Zwei Bach-Orgeln auf einer CD!“), weshalb man die Scheiben ungeachtet der visuellen Aufmachung erwartungsgespannt in den Player schiebt. Bei derartig bekannten und entsprechend häufig eingespielten Werken liegen die interpretatorischen Hürden hoch, existieren auf dem Fono­markt doch bereits zahllose, darunter viele exzellente, Vergleichsaufnahmen. Leider wird dem vergleichenden Hörer dann sehr bald klar, dass der Hörgenuss genau daran scheitert. Bei aller routinierten Solidität gelingt Thomasorganist Ullrich Böhme die ganz große organis­tische Charme-Offensive nicht. Die Tempi sind auffällig zügig; dabei bleiben expressive Details oft auf der Strecke und manche Artikulation wirkt hölzern. Im Resultat bleibt doch eher der Eindruck unverbindlicher Glätte.
Die Woehl-Orgel tut ihr Übriges dazu, da sie zumindest bei den vorliegenden Tonaufnahmen kein überzeugendes Flair eines barocken Orgelklangs zu vermitteln vermag, sondern eben wie ein zwar gutes, gleichwohl aber neues Instrument der Erbauerwerkstatt klingt.
Den Choralbearbeitungen sind die jeweiligen schlichten Choralsätze vorangestellt, die Böhme auf der
historischen Hildebrandt-Orgel in Störmthal spielt, die 1723 von Bach abgenommen wurde. Dieser hübschen kleinen Orgel hätte man ohne weiteres eine eigene CD zugetraut und gegönnt. Problematisch ist hingegen das permanente Hin und Her zwischen zwei akustisch unterschiedlichen Räumen (und Orgeln). So sehr Böhme diesen „Effekt“ im Booklettext selbst lobt, kann man ihn freilich leicht auch als unorganisch und störend empfinden.
Im Resultat wohl eher eine Aufnahme, die ihre eigentliche Zielgruppe in den zahlreichen Leipzig-Touristen am Souvenirstand der Thomaskirche finden wird – und dort gewiss ihre eigene Berechtigung hat. Für den anspruchsvollen, verständigen Bach-Liebhaber bietet sie kaum Interessantes oder Neues.
Axel Wilberg