Bach, Johann Sebastian

Das Musikalische Opfer BWV 1079

in der Fassung für Querflöte, Violine und Orgel von Helmut Bornefeld

Verlag/Label: Carus 83.460 (2013)
erschienen in: organ 2013/03 , Seite 54

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Als die spätgotische Stadtkirche im württembergischen Schorndorf in den Jahren 1975/76 eine neue Chororgel erhielt, zeichnete Helmut Bor­nefeld, damals landeskirchlicher Or­gelsachverständiger, für Disposition, Mensuren und Prospektgestaltung des zweimanualigen Instruments (II/23/P) verantwortlich, das von der Werkstatt Gebr. Link errichtet wurde. Anlässlich der Einweihung dieser Chororgel schuf Bornefeld die auf der vorliegenden CD dokumentierte Fassung von Bachs Mu­si­kalischem Opfer, die er selbst wie folgt kommentierte: „Der Gedanke, das neue Instrument nicht nur solis­tisch, sondern (mit der Triosonate des Musikalischen Opfers) auch kam­mermusikalisch zu präsentieren, weitete sich unversehens zu der Idee, das ganze Werk für einen kleinen Apparat darstellbar zu machen.“
Bachs drei- bzw. sechsstimmiges Ricercar bilden den – auch hier traditionell – allein der Orgel zugedachten Rahmen. An zweiter Stelle positionierte Bornefeld den „Canon perpetuus“ und an die vorletzte in gleicher Besetzung mit Orgel, Flöte und Violine Bachs viersätzige Triosonate. Die „Fuga canonica in Epidiapente“ als wiederum solistisches Orgelstück bildet das Zent­rum, um das sich zwei Gruppen von vier Kanons gruppieren, welche das dem Thomaskantor von Friedrich dem II. von Preußen aufgegebene „Thema regium“ als Cantus firmus aufweisen bzw. durchführen. Hier nutzt Bornefeld alle möglichen Paarungen je zweier Instrumente, wobei „auf klangliche Kontraste ebenso zu achten war wie auf eine ausgewogene Beanspruchung der Spie­ler“. In Bachs Notentext greift die Bearbeitung bis auf geringfügige spielpraktische Änderungen nicht ein, setzt allerdings den virtuell unendlichen „Perpetuus“-Kanons jeweils ein klares Ziel.
Der ersten Aufführung dieser Einrichtung des Musikalischen Opfers am 30. Mai 1976 folgte nun am gleichen Ort die CD-Einspielung mit der Schorndorfer Stadt- und Bezirkskantorin Hannelore Hinderer, dem Flötisten Peter Thalheimer und der Geigerin Sabine Kraut. Die Interpreten konnten wegen des Stimmtons und der Temperierung der Chororgel nicht in jedem Detail der „historischen“ Aufführungspraxis folgen, orientieren sich aber hörbar an deren Erkenntnissen.
Mit kraftvollem Plenum realisiert Hannelore Hinderer die Eckpfeiler von Bornefelds Bearbeitung, zumal die „Fuga canonica“ und das abschließende sechsstimmige Ricercar. Ansonsten lassen sich die drei Interpreten vom Geist der Triosonate buchstäblich „in-spirieren“, in welcher Johann Sebastian Bach seine Klangsprache dem galanten und empfindsamen Tonfall der kommenden Musikergeneration öffnete. Ähnlich filigran und leichtgewichtig, fast verspielt, erklingen die meis­ten der Kanons, wobei die Orgel manchmal klanglich gar zu sehr in den Hintergrund tritt, so dass Bachs polyphone Raffinesse nicht immer optimal zur Geltung gebracht wird.

Gerhard Dietel