Stefan Nusser

„Das Magdeburgisch Clavier“

Kleine Geschichte des Orgel- und Clavierbaus in Magdeburg

Verlag/Label: ortus, Beeskow 2024, 178 Seiten, 25 Euro
erschienen in: organ - Journal für die Orgel 2024/03 , Seite 53

Magdeburg kann man zweifelsohne als eine der markantesten deutschen Städte hinsichtlich seiner Orgeltradition bezeichnen. Hier wurde Orgelbau- und Orgelmusikgeschichte geschrieben, und die namhaftesten Orgelbauer gaben sich über die Zeitläufte hinweg die Ehre, dort erstklassige Werke zu schaffen. Meister wie Jacob Scherer, Arp Schnitger, Heinrich Herbst, Chris­toph Treutmann, Ernst Röver, Adolph Reubke oder Wilhelm Sauer sowie Organisten und Komponisten wie Georg Tegetmeyer, Georg Philipp Telemann oder August Gottfried Ritter hinterließen hier ihre Spuren.
Diese prägnante Orgeltradition vom 12. Jahrhundert bis zur Gegenwart aufzuarbeiten, stand seit langem an, denn die bisher vorliegenden Publikationen waren nicht mehr aktuell oder kaum greifbar. Insofern hat Stefan Nusser mit seiner Veröffentlichung eine große Lücke geschlossen. Um es vorwegzunehmen: Ihm sei großes Lob gezollt für diese umfassende, keineswegs ‚kleine‘ Präsentation der Orgelwelt Magdeburgs! Akribisch und mit überaus fleißiger Feder schuf er ein Kompendium, das erstmalig diese höchst interessante Orgelstadt umfassend und quellenmäßig absolut fundiert darstellt. Beim Studium der Fußnoten lässt sich erkennen, dass Nusser wohl kaum eine archivalische oder literarische Quelle bei seinen Recherchen ausgelassen oder gar übersehen hat.
Anhand von sechs Kapiteln stellt er die Thematik dar und präsentiert neben einem Abriss der Orgelbaugeschichte der Elbestadt die Instrumente ihrer ehemaligen Klöster und sämtlicher Kirchen, auch der Vorstädte. Dazu gesellt sich ein Kapitel über die in Magdeburg ansässigen Orgelbauer. Der großen Sauer-Orgel in der Stadthalle am Rotehorn-Park wird ein weiteres Kapitel gewidmet. Detailliert schildert Nusser alle historisch und musikalisch relevanten Daten zu jeder Orgel inklusive der verfügbaren Dispositionen. Abgerundet werden die Darstellungen mit Fotos, generell in schwarz-weiß und zum Teil in wertvollen historischen Aufnahmen von nicht mehr existenten Instrumenten. Sie lassen die ruhmreiche Orgeltradition erahnen, die durch die beiden verheerenden Kriege 1631 und 1945 fast komplett ausgelöscht wurde. Deshalb verwundert es nicht, dass die älteste erhaltene Orgel dieser Stadt gerade mal aus dem Jahr 1806/7 stammt.
Mit Liebe für das Detail hat sich Nusser auch den weniger im Rampenlicht stehenden größeren und kleineren Orgeln gewidmet, oft inklusive der Liste der Organisten. Einen zentralen Platz nimmt der Dom mit seiner Orgelhistorie ein, beginnend im 13. Jahrhundert inklusive der Beschreibung durch Michael Praetorius bis zur neuen Schuke-Orgel der Gegenwart. In kurzen Sentenzen streift Nusser au­ßerdem den Klavier- und Harmoniumbau Magdeburgs. Bemerkenswert sind die Anhänge, wie der Bericht über die Fritsche-Treutmann-Orgel in Harbke und die für sie überlieferten Registrieranweisungen eines unbekannten Autors.
Fazit: Eine überaus lesenswerte und mit hohem dokumentarischen Wert versehene Chronik des Orgelwesens Magdeburgs.

Felix Friedrich