Claude Debussy

Danse (Tarantelle styrienne)

Bearbeitung für Orgel (solo) von Thierry Hirsch

Verlag/Label: Carus CV 18.010
erschienen in: organ 2018/01 , Seite 61

Claude Debussy hat bekanntlich kaum wirklich originäre Werke für die Orgel hinterlassen (von einigen frühen Studienwerken abgesehen). Wohl sind einige seiner Klavierwerke, darunter das 1. Heft seiner Préludes (etwa mit dem berühmten Charakterstück „La cathédrale engloutie“), auch als Orgelbearbeitungen greifbar und lassen den Zauber der Musik Debussys auch vermittels Pfeifenklängen lebendig werden. Thierry Hirsch fügt den einschlägigen Transkriptionen eine weitere bei: Tarentelle styrienne von 1890 – knapp sieben Minuten Klaviermusik, die der Meis­ter selbst noch umgearbeitet hat und 1903 mit einem neuen, weitaus schlichteren Werktitel versah: Danse.
Danse bietet wirklich Debussy pur! Thierry Hirschs Orgelversion ist dabei als ein echter Repertoiregewinn für die OrganistInnen zu werten. Schließlich darf man mit Fug und Recht behaupten, dass die Orgel gegenüber dem Klavier im Einzelfall gar einen Schritt weiter nach vorne schreiten kann im Hinblick auf eine möglichst facettenreich-polychrome Ausdeutung, dank ihrer originären Möglichkeiten, im­mer wieder neue Farben zu kombinieren, zu mischen und neu zu generieren, die das irisierende Flirren und Leuchten im Klavier-Original befeuern.
Hirsch führt Debussys Danse stellenweise in süffig-sinfonische Bereiche, wobei er sich (auch) an jener Orchesterfassung orientiert, die Maurice Ravel nach Debussys Tod im Auftrag des Verlags Édi­tions Jobert 1923 erarbeitet hat. Die gut lesbar gesetzte Partitur der Orgelversion liefert zudem Angaben (des Herausgebers) zur Regis­trierung, die Hirsch in seinem Vorwort ausdrücklich als „Vorschlag“ verstanden wissen möchte. Für die ad­ä­quate klangliche Umsetzung erforderlich ist ein mindestens mittelgroßes (orches­tra­les) Instrument mit einer hinreichend ausstaffierten Palette an charakteristischen Grund- und auch Zungenstimmen. Der Tas­tenumfang macht im Manual das c4 im Diskant (eigentlich) unerlässlich, das notierte Pedal reicht bis zum dis’.
Unverzichtbar ist hierfür aber zugleich eine gut geschulte pianistische Spieltechnik, legt doch schon der ursprüngliche Werktitel Tarantelle styrienne nahe, dass es sich keineswegs um einen gemächlichen musikalischen Spaziergang handelt, sondern um einen rasanten Sprint für Finger und Füße gleichermaßen: eine ausgewachsene Toccata mit perkussiven Momenten wie auch rhythmischen Ecken und Kanten. Diese zu umschiffen verlohnt alle übe­tech­nischen Mühen, denn Debussys Danse ist schlicht ein vortreffliches Musikstück auch auf der Orgel und wird insofern seine Wirkung am Ende nicht verfehlen.

Christoph Schulte im Walde