Spangemacher, Friedrich
Creator, Spiritus, Musicus: Theo Brandmüller
Eine Biographie
Am 26. November 2012 ist der Komponist und Organist Theo Brandmüller im Alter von 64 Jahren gestorben. Die vorliegende Biografie hatte er kurz vor seinem Tod noch lesen können. Laut Angabe des Autors war auch Brandmüller derjenige, der den Wunsch nach einer Biografie äußerte. Friedrich Spangemachers Buch ist eine kluge Mischung aus Sachinformation und persönlicher Rückschau. So schildert es die frühen Jahre in Mainz oder später etwa die prägende Begegnung mit Olivier Messiaen in Paris. Werk und Biografie sind locker ineinander verwoben.
Es sollte mehr solcher Bücher geben, die weniger das Augenmerk auf wissenschaftlich genaue Betrachtung legen, sondern stattdessen originäre Einblicke in das Leben eines außergewöhnlichen Organisten, Komponisten und Hochschullehrers verschaffen. Automatisch ist dieses Buch Zeitgeschichte. So zeigt ein Foto den jungen Brandmüller an der Orgel von St. Johannes Evangelist in Mainz 1962 deutlich ist der historische Spieltisch zu erkennen. Die frühe Verzahnung von Improvisation und Komposition in seiner Rolle als Organist und Komponist wird sinnfällig. Bei Theo Brandmüller spürte ich die Energie eines Komponisten, der sich mit der Echt-Zeit arrangiert. Der erkennt, dass Improvisation gleich Komposition minus Zeit ist. [
] Seine Improvisationen auf der Orgel sind meilenweit von dem entfernt, was in Organistenkreisen als liturgisches Orgelspiel bezeichnet wird, wird Jörg Abbing im Buch zitiert.
Der Wunsch nach eigener kompositorischer Gestaltung erwacht bei Brandmüller früh. Die Stationen bei seinen Lehrern werden nachgezeichnet: Die katholische Prägung des Elternhauses scheint für Brandmüller kein Widerspruch zu kompromissloser kompositorischer Entwicklung gewesen zu sein, die sich an den Hochschulen in Detmold und Köln bei den Lehrern Giselher Klebe und Mauricio Kagel fortsetzte. Ein Höhepunkt des Studiums war die Begegnung mit dem geistesverwandten Komponisten und Organisten Olivier Messiaen in Paris. Anders als Messiaen blieb Theo Brandmüller jedoch nicht bei katholischen Themen, sondern öffnet sich weltlicher Dichtung.
Sein Durchbruch 1977 in Athen mit der Komposition Ach trauriger Mond für Schlagzeug und Streicher behandelt ein Gedicht von Federico García Lorca. Sein meistgespieltes Werk ist Todesszene, Klagegesang und Requiem zugleich. Im Nachruf auf Brandmüller in der Saarbrücker Zeitung heißt es: Dass der Tod jemand mitten aus dem Leben reißt: Man liest es oft, sagt es, floskelhaft, weil einem die Worte fehlen, wenn der Tod scheinbar plötzlich nach jemandem greift. Aber bei Theo Brandmüller war es nun genau so. So viele Konzerttermine für den weltreisenden Organisten standen bereits fest, so viel hatte er noch zu komponieren.
Dominik Susteck