Johannsen, Paul

Crashkurs Musikgeschichte

Komponisten – Werke – Formen – Stile – Epochen, mit DVD

Verlag/Label: Schott, Mainz 2014, 104 Seiten, 14 Euro
erschienen in: organ 2015/01 , Seite 62
Bücher wirken auch durch ihr op­tisches Erscheinungsbild. Jüngstes Beispiel: der Crashkurs Musikgeschichte mit attraktiv gestaltetem Cover. Die Unterteilung in Epochen, Formen und Komponis­ten fördert die Leselust, denn die einzelnen, durchgehend bebilderten Kapitel sind kurz. Es wird also niemand überfordert, egal, wie alt er ist und wie wenig er vielleicht bisher über klassische Musik wusste. Autor Paul Johannsen stellt auf 104 Seiten die wichtigsten Stationen abendländischer Musikgeschichte griffig dar, angefangen bei der Musik der Antike bis hin zu den neuen Klang­räumen, die etwa György Ligeti mit seinen Kompositionen eröffnete.
Da ein komprimierter Überblick über 1500 Jahre Musikgeschichte Akzente setzen muss, kann der Autor nur punktuelle Einblicke in Stile, Formen, Kompositionen geben. Dazu stellt er wichtige Werke und Epochen vor und gibt verlässliche Erläuterungen, zum Beispiel darü­ber, dass die wesentlichen Grundlagen der abendländischen Musikgeschichte im antiken Griechenland gelegt wurden, seit etwa 1000 vor Christi Geburt. Rot markiert sind Eigennamen und Fachbegriffe, zum Beispiel bei der gezupften Kythara, die sich zur Gitarre entwickelte, oder beim Oboenvorgänger Aulos.
Der Leser erfährt, dass in den griechischen Tragödien der Antike, die zum Beginn der Renaissance Vorbild für die Oper wurden, ein Orchestra genannter Chor aus Sängern und Instrumentalisten kommentierend auftrat, und dass dem Philosophen Pythagoras die Musik als Abbild kosmischer Ordnung galt. Das Mittelalter bringt dann eine differenzierte geistliche Musik hervor, die der katholischen Liturgie noch heute als Grundlage gilt. Pa­rallel dazu entstehen Minnesang und Meisterlied. Der gregorianische Choral wird zur Grundlage vieler geistlicher Kompositionen, und in Klöstern und Kathedralen entwi­ckelt sich die Mehrstimmigkeit, deren Hauptgattung im 13. Jahrhundert die Motette abgibt.
Autor Paul Johannsen bezieht bei der Musik der Renaissance (wie auch sonst) außermusikalische Phä­nomene mit ein und berücksichtigt auch die jeweilige Zeitgeschichte. Im Barock entstehen – neben der relativ neuen Gattung der Oper – Solo-Konzerte und neue Gattungen im Bereich der geistlichen Musik. Zentrale Bedeutung kommt der Affektenlehre zu, der musikalischen Umsetzung von Empfindungen wie Bewunderung, Liebe, Hass, und es entwickelt sich der Basso continuo (Generalbass), der gewöhnlich von einem Tasteninstrument und einem tief klingenden Melodieinstrument ausgeführt wird.
In der Wiener Klassik ersetzt das „obligate Accompagnement“ den zum Teil improvisierten Generalbass, und es dominiert die reine Instrumentalmusik. Weitere Kapitel gelten der Romantik, der Musik der Jahrhundertwende, dem Impressionismus wie auch der Musik Schönbergs. Der Autor verfolgt den Bogen der Epochen chronologisch bis in die Jetztzeit hinein, bevor er sich im Kapitel „Formen“ mit Motette und Madrigal, Requiem, Oratorium, Messe usw. befasst und die berühm­testen Komponisten knapp in Vita und Werk vorstellt, von J. S. Bach und Händel über Mozart und Beethoven bis hin zu John Cage und Ligeti.
 
Heide Seele