Vivaldi, Antonio
Concerto
Transkription für Orgel von Jean Guillou op. 26/9
Bei der originalen Vorlage der zweiten Transkription von Jean Guillou handelt es sich um Vivaldis Concerto in d-Moll für Violoncello, Streicher und Basso continuo. Die Bearbeitung soll fern einer historisierenden Transkription das expressive Potenzial einer modernen dreimanualigen Orgel ausschöpfen. Der Part des konzertierenden Cellos wird in der Orgelbearbeitung von der linken Hand übernommen; für die Registrierung wird hierfür vom Bearbeiter im ersten Satz Cromorne 8, Larigot 1 1/3, Flute 4 und im dritten Satz Trompette 8, Tierce 1 3/5, Larigot 1 1/3 vorgeschlagen. Gelegentlich wird der Solopart auch figurativ bereichert, und am Ende des ersten Satzes (Allegro non molto) gibt es zwei kurze, quasi improvisierte Einschübe, die durch kleine Abwandlungen des Vivaldischen Notentextes möglich sind. Ganz in der Stilistik der barocken Fortspinnung führt Guillou hierbei die wirkungsvollen Sprünge und Zweiunddreißigstel-Tonleitern schließlich über den Neapolitanischen Sextakkord und die Dominante zurück zum ersten Tutti-Ritornell. In den Ritornellen werden die gebrochenen Sechzehntel-Akkordfiguren der Violinen von der rechten Hand nachgebildet und um wirkungsvolle auf- und absteigende Skalen in der linken Hand bereichert. Die Begleitung der Soloteile wird, soweit sie nicht notiert ist, ergänzt.
Besonders im dritten Satz, einem vitalen Minuet, entfalten die einkomponierten Begleitstimmen ein beachtliches kontrapunktisches und melodisches Eigenleben. Im zweiten Satz Andante setzt der Bearbeiter das einleitende Ripieno in Da-capo-Manier zusätzlich an den Schluss. Anstatt der pulsierenden Achtelbewegung des Basses erklingt im Pedal das variierte Hauptmotiv. Eine Erweiterung erfährt der Soloteil: Statt der Dominante D-Dur schafft sich der Satz mit einen f-Moll-Akkord zusätzlichen Raum, um nach und nach auf fantasievolle Weise wieder zur Tonika g-Moll zurückzukehren.
Jürgen Geiger