Duruflé, Maurice

Complete Organ Works | Motets |?Requiem

Verlag/Label: Danacord DACOCD 726 (2012)
erschienen in: organ 2014/01 , Seite 58

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Duruflé in Aarhus auf einer skandinavischen Orgel bzw. von 16-köpfigen Kammerensembles gesungen, richtet die Erwartungen des Hörers zuerst einmal auf einen robusten nordisch-neobarocken Orgelklang und einen eher auf Transparenz denn auf Klangverschmelzung hin ausgefeilten, professionellen Vokalklang. Ob das zu Duruflés vornehm elegantem, äußersten Klangästhetizismus beschwörenden Spätimpressionismus passen mag? Umso erstaunter ist man beim Durchhören und suchtartigen Immer-Wiederhören dieser beiden CDs, die das gesamte Orgelwerk (außer dem Studienwerk Fugue on a Theme by Henri Rabaud) sowie das Requiem op. 9 in der Fassung für Soli (Bo Skovhus, Bariton; Randi Stene, Sopran), Chor, Violoncello (Henrick Brendstrup) und Orgel und die Quatre Motets sur des thèmes grégoriens op. 10 enthält.
Kurz gesagt trifft diese Aufnahme das Timbre dieser Musik auf den Punkt: Die viermanualige Orgel der Kathedrale von Aarhus, mit 89 Registern Dänemarks größte Kirchenorgel, reicht in ihren Ursprüngen auf einen Neubau des Schnitger-Schülers Lambert Daniel Kastens bis in Jahr 1730 zurück und wurde 1876 durch Johan Andreas Demant romantisiert. Sie wurde, beginnend im Jahr 1927 bis zum Jahr 2001, durch die Werkstatt Frobenius mehrmals vergrößert und umgebaut. Dabei wurden die meisten Zungenstimmen aus Paris importiert. Es wird berichtet, dass Albert Schweitzer, der beratend in diese Maßnahme eingebunden war, sie bewundernd gar mit der Cavaillé-Coll-Orgel von Notre Dame de Paris verglichen haben soll. Ihr warmer, mächtiger, mischungsfähiger Klang ist geradezu prädestiniert für Duruflés eklektizistisches Orgelideal, das er immer wieder als Berater bei Orgelneu- bzw. -umbauten propagierte.
Der 1982 geborene Domorganist der Kathedrale von Aarhus, Kristian Krogsøe, der seine Studien in Aarhus und Berlin absolvierte, ist ein profunder Kenner der Musik Duruflés, was nicht zuletzt sein hervorragender Einführungstext (englisch/dänisch) im gut gestalteten Booklet beweist. Sein Spiel ist technisch makellos, seine Registrierungen ganz im Sinne des Komponis­ten perfekt abgestimmt und seine musikalische Ausdruckskraft bringt die Musik kongenial-vorbildlich zur Geltung. Phänomenal ist auch seine Zusammenarbeit mit seinem Kollegen Carsten Seyer-Hansen, Dom­kantor in Aarhus. Beide ziehen stilistisch und musikalisch „an einem Strang“ und so erscheint die Produktion aus einem Guss.
Die beiden Ensembles – der professionelle Kammerchor Vocal Group Concert Clemens, zu hören bei Quatre Motets sur des thèmes grégoriens op. 10 und beim Requiem im Zusammenwirken mit dem Aarhus Cathedral Choir – sind unglaublich ausgewogen und vokaltechnisch wie musikalisch auf höchstem Niveau. Eine die Raumakustik wohlklingend einbeziehende Aufnahme­technik bringt die Musik in angenehmster Weise zur Geltung. Nicht verwunderlich daher, dass es diese Produk­tion in die Bestenliste der Deutschen Schallplattenkritik geschafft hat.

Stefan Kagl