Giacomo Puccini

Complete Organ Works

Paolo Bottini an Orgeln in Pavone Canavese (TO) und Casalmaggiore (CR)

Verlag/Label: 2 CDs, Da Vinci Classics, C00815 (2024)
erschienen in: organ - Journal für die Orgel 2024/03 , Seite 61

Bewertung: 3 von 5 Pfeifen

Keine Frage, Tosca, Madama Butterfly oder Turandot sind Meisterwerke der Opernliteratur mit denen Giacomo Puccini (1858–1924) Weltruhm erlangt hat. Weitgehend unterbelichtet ist aber die Tatsache, dass der Opernkomponist auch eine kirchenmusikalische Seite hatte. Rund 57 Stücke hat er in der Zeit zwischen 1870 und 1880 komponiert, als er während seines Stu­diums in Lucca und Umgebung als Organist arbeitete. Auf zwei CDs hat nun der Organist Paolo Bottini das gesamte Orgelwerk Puccinis eingespielt, das insgesamt gut 100 Minuten umfasst.
Diese verteilen sich auf zahlreiche kurze bis kürzeste Miniaturen, die von einer dreiviertel Minute bis zu drei, vier Minuten dauern. Zwei Stücke erreichen sogar mehr als fünf Minuten, eines über sechs. Mit anderen Worten: Hier gibt es eine Menge Kleinzeug: Sonaten, Versetten, ein paar Märsche und eine Pas­torella. Am Stück gehört, stellen sich dabei durchaus gewisse Ermüdungserscheinungen ein, wenn ein kleines Versettchen auf das nächste folgt, zumal die harmonischen, melodischen und formalen Muster weit von der Komplexität entfernt sind, die Puccini in späteren Jahren in seinem Opernschaffen verwendet. Das ist zum einen verständlich, da die Orgelwerke eher als Jugendwerke einzuordnen sind und der liturgische Kontext, für den sie gedacht sind, zum anderen nach genau ebensolchen Stücken verlangt hat.
Am Organisten oder der Orgel liegt es jedenfalls nicht, dass sich irgendwann doch eine gewisse Eintönigkeit breitmacht: Paolo Bottini spielt mit musikantischem Schwung, italienischem Temperament und zuweilen leicht opernhaftem Duktus, der dem Stil der Werke entgegenkommt.
Über die verwendeten Orgeln der Kirchen in Pavone Canavese und Casalmaggiore schweigt sich das Booklet (ausschließlich in englischer Sprache) leider aus – eine Unsitte, die immer wieder bei Orgelproduktionen zu beobachten ist. Es scheinen typisch italienische Instrumente zu sein, die mit silbrigen Ripieni, fülligen Flöten und einigen Extras für den letzten klang­lichen Wumms jedenfalls bestens für dieses Repertoire geeignet sind.
Insgesamt ist diese Einspielung deshalb sehr verdienstvoll, da sie in durchaus enzyklopädischer Manier das gesamte Orgelschaffen von Puccini präsentiert. Musikalisch gelingt dieses Unterfangen auch überzeugend, dennoch bleibt ein gemischter Gesamteindruck. Kenner und Liebhaber sollten diese Seite Puccinis entdecken und die Musik einmal gehört haben. Ob sie sie danach aber noch einmal hören möchten, steht in Frage.

Guido Krawinkel