Ropartz, Joseph Guy (1864-1955)
Complete Organ Works
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Dem Namen des Komponisten Joseph Guy Ropartz (18641955) begegnet man vereinzelt immer wieder einmal, wenn es sich um französisch-romantisches Orgelrepertoire handelt. Aber Ropartz Musik? Wer kennt sie wirklich? Sie führt wohl eher ein dürftiges Schattendasein. Eigentlich verwunderlich, denn das uvre des in der Bretagne geborenen Komponisten bietet stilistische Vielfalt, zeugt von großer Inspiration und liefert, was die spieltechnischen Voraussetzungen angeht, eigentlich alles: von leicht ausführbarer liturgischer Musik bis hin zum groß angelegten virtuosen Bravourstück fürs Konzert.
Dass Joseph Guy Ropartz ein wirklicher Meister im Erfinden von Melodien, im Umgang mit Formen und kontrapunktischem Satz ist, dokumentiert Markus Eichenlaub, seit 2010 Domorganist am romanischen Kaiserdom zu Speyer, mit seiner Einspielung sämtlicher Orgelwerke immerhin 150 (!) Minuten Musik und liefert damit zugleich ein klares Plädoyer für einen fast Vergessenen. Mitunter sind Ropartz bretonische Wurzeln direkt spürbar wie in der Rhapsodie sur deux Noëls populaires oder den Variationen Sur un thème breton aus den Trois Pièces. Dezidiert dem semi-professionellen Organisten wie auf den Leib geschneidert sind die Vêpres des Saint Femmes sowie die drei leicht ausführbaren Stücke unter dem Titel Au Pied dAutel. Gleichwohl anspruchsvolle und ansprechende Miniaturen, die einen eleganten Eindruck machen.
Ropartz poesievolle Musiksprache ist durch und durch französisch-spätromantisch geprägt den Blick vielmals in Richtung des romantischen Großmeisters Franck gerichtet, aber auch nach Osten hinüber, nach Deutschland, wo er sich bei Schumann so einiges abschaut. Oder bei Liszt, wofür das Andante con moto aus den Deux petites pièces ein in seiner klanglichen Sinnlichkeit berührendes Beispiel ist.
Berührend ist im Kontext dieser Doppel-CD vor allem auch die wenig bekannte Cavaillé-Coll-Orgel im spanischen Azkoitia im Baskenland. Ein fantastisches klangsinnliches Instrument mit 40 Registern, die im Grand Chur wie so oft bei Cavaillé-Coll eher wie 80 oder 90 Register klingen! Schon die ersten Töne von Introduction et Allegro moderato lassen sofort aufhorchen: ein sattes Plenum, von verschmelzungsfähigen orchestralen Zungen dominiert, grundiert von raumgreifend-voluminösen Grundstimmen. Im weiteren Verlauf dann das typische Ensemble an charakteristischen romantischen Solostimmen. Auf der Grand-Orgue eine majestätische Zungenbatterie nebst zwei (spanischen!) Chamadestimmen das macht gewaltigen Eindruck, vor allem weil Eichenlaub diese Ressourcen dosiert und gezielt einzusetzen weiß, dabei ein sicheres Gespür für dramaturgische Effekte beweist. Dieses Instrument, so ist im vorbildlich mit Informationen angereicherten Booklet zu lesen, war das letzte große, für das Aristide Cavaillé-Coll persönlich verantwortlich zeichnete. Eichenlaubs CD ist dagegen hoffentlich nicht die letzte Produktion an dieser Orgel. Sein Ropartz jedenfalls ist ein absoluter Hörgenuss!
Christoph Schulte im Walde