Jan Albert van Eyken

Complete Organ Sonatas

Ute Gremmel-Geuchen an der Richard Ibach-Orgel (1864) der Sint Gertrudiskerk in Bergen op Zoom (Niederlande)

Verlag/Label: Aeolus, AE 11371 (2023)
erschienen in: organ - Journal für die Orgel 2024/01 , Seite 60

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Beim Anhören der CD fühlt man sich gleich in die Klangwelt der Orgelmusik von Felix Mendelssohn Bartholdy versetzt; dies geschieht über die spezielle Harmonik und die geradezu klassizistische Formgebung, d. h. die Einrahmung romantischer Klangideen in stabile Formschemata. Dem Komponisten dieser gelungenen Einspielung, Jan Albert van Eyken (1823–68), war eine ähnlich kurze Lebensspanne geschenkt wie Mendelssohn Bartholdy. Der gebürtige Niederländer van Eyken studierte in Leipzig ­– lernte dort offensichtlich die musikalische Ideenwelt des Orgelkomponisten Mendelssohn Bartholdy kennen und wirkte zunächst in Ams­terdam und Rotterdam als Organist, bevor er 1854 die bedeutende Stelle als Organist an der reformierten Kirche in Wuppertal-Elberfeld (mit der Schulze-Orgel von 1847) antrat. Dort wirkte er bis zu seinem Tod 1868.
Das für die vorliegende Aufnahme gewählte Instrument (Bergen op Zoom, St. Gertrudiskerk; Ibach/ Verschueren: III/41) entspricht nahezu vollends dem o. g. Klangideal. Der Interpretin der Aufnahme gelingt klanglich und interpretatorisch ein geradezu referentielles Ergebnis: Die genauestens austarierte musikalische Deutung von Ute Gremmel-Geuchen wird über die ideale instrumentale Umsetzung und sorgfältig ausgesuchte Registrierungen zu einer mustergültigen Klangrealisierung sans chichi. Dazu gesellen sich die beim Label Aeolus zu erwartende Highend-Aufnahmequalität und ein sorgfältig erarbeitetes Booklet mit wichtigen Informationen zu Werk, Instrument und Interpretin.Und doch fehlt ein kleines Intervall zur genialischen Feder des kompositorischen Originals. Bei Mendelssohn steht auch in der Orgelmusik die teichoskopische Perspektive des Symphonikers und Kammermusikkomponisten im Hintergrund und sorgt für eine qualitative Anreicherung. Dieses Defizit darf man der vorliegenden Aufnahme jedoch keinesfalls anlas­ten, denn hier wird ein Komponist proträtiert, der – bisher wenig beachtet – eine écriture beherrschte, die sich nicht im Dickicht der romantischen Epigonen verstecken muss.

Jörg Abbing