Werke von Mozart, Albrechtsberger, Kauer, Beethoven, C. P. E. Bach, Preindl

Claviorganum

Thomas Schmögner am Franz Xaver Christoph-Claviorganum (Wien, um 1785)

Verlag/Label: paladino music, pmr 0033
erschienen in: organ 2015/03 , Seite 60

4 von 5 Preifen

Die vorliegende Aufnahme aus der Tonträgerserie des Kunsthistorischen Museums Wien dokumentiert den Klang und die zahlreichen Kombinationsmöglichkeiten eines „Claviorganums“ um 1785 aus der Werkstatt des Wiener Orgel- und Claviermachers Franz Xaver Chris­toph. Das Besondere an diesem Instrument ist, dass es sich nicht um ein Claviorganum herkömmlicher Bauart – also ein auf ein kleineres Orgelinstrument aufgesetztes und mit diesem über eine Stechermechanik verbundenenes Cembalo – handelt, sondern um eine Kleinorgel mit Tafelklavier. 
Die Möglichkeiten dieser Kombination sind recht vielfältig – so besitzt die Orgel ein Gedackt 8’, ein Fagott 16’, eine Traversflöte 4’ und ein Salicional 8’ (welches nur im Diskant erklingt) und einen verhältnismäßig großen Tastenumfang von C bis f³. Das Tafelklavier geht über volle fünf Oktaven (der größte Umfang dieser Zeit überhaupt) und besitzt mehrere schaltbare Züge, von denen die beiden zur Aufhebung der (gesamten) Dämpfung bzw. zur Abschwächung und Veränderung des Klangs durch Aufsetzen der Dämpfung von besonderer Bedeutung sind. Orgel und Klavier können durch eine geteilt schaltbare Stechermechanik miteinander verbunden werden. 
Der Wiener Organist und Clavierist Thomas Schmögner hat ein recht eindrückliches Programm mit (teils unbekannteren) Werken von Wolfgang Amadeus Mozart, Johann Georg Albrechtsberger, Ferdinand Kauer, Ludwig van Beethoven, Carl Philipp Emanuel Bach und Joseph Preindl zusammengestellt, das nicht nur die zahlreichen Kombinationsmöglichkeiten dieses „seltsamen“ Instruments ins rechte Licht rückt, sondern auch einlädt, gerne zuzuhören. Schon die einleitende Fantasie in d-Moll (KV 397) von Mozart lässt angesichts des immateriell und zauberisch wirkenden Klangs (aus Gedackt 8’ und zart angeschlagenem Hammerklavier resultierend) aufhorchen. Schmögner versteht es ausgezeichnet, sehr differenziert und geschmackvoll die Farben von Orgel und Tafelklavier zu kombinieren. Reizvoll ist auch die Gegenüberstellung (vor allem in den Werken Albrechtsbergers und Beethovens) von reinem Orgel- bzw. Klavierklang. Ansprechend ist die vitale Sonata mi­litare von Ferdinand Kauer (1751–1831), die ein veritables musikalisches Schlachtengemälde darstellt. 
Da das Instrument 1953 aus der Fürstlich Liechtensteinschen Sammlung angekauft werden konnte, ist es von Interesse, dass das abschließende Werk des CD-Programms – eine Fantasie aus der Feder des heute weitestgehend unbekannten Komponisten Joseph Preindl (1756– 1823) – der Prinzessin Leopoldine von Liechtenstein gewidmet ist. Hieraus ließe sich die Vermutung ableiten, dass dieses unterhaltsame Werk über Themen aus Haydns Jahreszeiten gar für das Chris­toph’sche Claviorganum geschrieben worden ist. Der Wiener Tastenvirtuose Thomas Schmögner kennt sich offensichtlich hervorragend mit diesem besonderen Instrument aus und besticht durch feines und farbiges Spiel; die Aufnahme klingt sehr natürlich und räumlich. Lediglich die Spielzeit ist mit ca. 55 Minuten etwas knapp geraten.
 
Christian Brembeck