Claviermusik aus Nürnberg
Tastenwerke von Nürnberger Komponisten ( Agrell, Hainlein, Haßler, Kindermann, Krieger, Pachelbel, Staden, Schultheiß, Wecker) für Cembalo, Orgel, Clavichord und Regal
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Wie gut, dass es den Oberbegriff Clavier für Tasteninstrumente des 17./18. Jahrhunderts gibt. So steht eine breite mögliche Auswahl verschiedener Instrumente für die damalige Claviermusik zur Verfügung, sofern nicht Spezifika wie expliziter Pedalgebrauch eindeutige Festlegungen erfordern. Vorliegende Einspielung vereint einen Regal-Nachbau (ca. 1600/1984), ein originales italienisches Orgelpositiv (Neapel, 1775), eine zweimanualige Cembalo-Rekonstruktion (spätes 18. Jahrhundert/1998) sowie einen Clavichord-Nachbau (ca. 1700/ 2009) zu munterem klanglichen Wettstreit. Das Repertoire umfasst Tastenwerke ausschließlich Nürnberger Meister, die in der luthe-
rischen Reichsstadt entweder in kirchlichen oder städtischen Diensten tätig waren. Haus- bzw. Claviermusik wurde vom damaligen kulturbeflissenen reichsstädtischen Bürgertum sehr geschätzt.
Unter den 14 zum Teil mehrsätzigen Titeln befinden sich sieben Ersteinspielungen, so auch die beiden abgesetzten Chorlieder Hans Leo Haßlers, die dem Regal zugewiesen sind. Dem tänzerischen Nun lasst uns fröhlich sein in althergebrachter Kombination von gerader und ungerader Taktart kommt die skandierende Eigenart des Regalklangs durchaus entgegen, während die lineare und affektbezogene Qualität der Liebesklage Ach weh der schweren Pein gewisse Einbußen erfährt. Bei Johann Stadens Allamanda und Balletto, die dem Clavichord anvertraut sind, ergibt sich ein ähnlich zwiespältiger Eindruck: Die feinziselierten Allemanda-Variationen klingen überzeugend strukturkonform, der Tanz dagegen wirkt aufgesetzt, angestrengt. Freies, einfühlsames Figurieren, stilisierter Tanz und liedmäßige Erfindung zeigen sich in einer Auswahl aus Georg Caspar Weckers Partita, nämlich in den Sätzen Praeludium, Ballett, Aria und Courante, wobei sich das Cembalo als probates Medium für eine profilierte Wiedergabe erweist.
Der bekannteste der versammelten Nürnberger, Johann Pachelbel, ist mit der Choralpartita Freu dich sehr, o meine Seele, auf dem Cembalo gespielt, vertreten; bei immerhin zwölf Bearbeitungen stellt sich indes die Frage, ob nicht eine Auswahl oder die vielfarbige Kirchenorgel Sankt Sebaldus in Nürnberg verfügte immerhin über ein opulentes 64-Instrument für eine heutige werkdienliche Präsentation günstiger wäre. Auf dem Clavichord sehr gelungen, weil mit charakteristischen Satzprofilen (Takt, Tempo) vorgetragen, erklingt Benedict Schultheiß Suite G-Dur aus dessen erstem deutschen Druck (1679/80) mit der Standardfolge Allemande CouranteSarabandeGique.
Schließlich markiert Johann Joachim Agrell, schwedischer Herkunft, eine deutliche Zäsur: Barock ist passé, die galante Zeit bzw. Vor- oder Frühklassik angebrochen. Seiner (Cembalo-) Sonata VI (1748) verleiht Ralf Waldner hochmotiviert wie auch bei den übrigen Stücken überzeugendes musikantisches Profil.
Klaus Beckmann