A Festival of French Organ Music

Werke von Widor, Pierné, Guilmant, Gigout, Saint-Saëns, Bonnet, Dubois, Boëllmann

Verlag/Label: Dabringhaus und Grimm, MDG 316 1705-2 (2011)
erschienen in: organ 2012/02 , Seite 53

3 von 5 Pfeifen

Der Ursprung der 2001/02 von Thomas Jann (Allkofen/ Obb.) renovierten und umgebauten Stahlhuth-Orgel geht auf das Jahr 1912 zurück. Das Instrument wurde damals schon in einem europäisch-symphonischen Stil konzipiert, d. h. es verband deutsch-romantische Einflüsse mit Strömungen aus Frankreich und England. Mit 45 Registern auf pneumatischer Kegellade verfügte die Orgel über eine breite Palette deutscher Grundstimmen und zwei Starktonregister. Einige Zungen aus einer Pariser Pfeifenmanufaktur und als Anglizismus eine Hochdrucktuba waren verteilt auf Hauptwerk, schwellbares Positiv, Schwellwerk und Pedal. Sie berief sich somit auf die europäischen Orgelbauideen Albert Schweitzers. Nach einer in den 1960er Jahren üblichen Neobarockisierung wurde das Instrument nach langen Überlegungen von der Werkstatt Jann renoviert, die originalen Register wiederhergestellt bzw. rekonstruiert, Schwellwerke und Technik erneuert, die neobarocken Veränderungen rückgängig gemacht und im europäisch-symphonischen Sinn auf 78 Register vergrößert.Dass diese Aufnahme „Reißer“ von durchaus unterhaltsamem Cha­rakter bevorzugt, sollte man nicht negativ bewerten. So verbindet van Oosten in der Programmauswahl Evergreens wie Le Cygne von Camille Saint-Saëns (bearbeitet von Alexandre Guilmant), die er mit diversen Piècen von Eugène Gigout, Joseph Bonnet (in den Variationen mit mehrstimmiger Pedalsolokadenz) und Théodore Dubois und mit einigen Raritäten kombiniert wie der Marche américaine von Charles-Marie Widor oder den reizvollen Trois Pièces von Gabriel Pierné (in der Cantilène übrigens mit einem original  vorgeschriebenen Solo der Récit-Trompette samt Tremolo). Die Palette der weichen Flöten und Grundstimmen überzeugt ebenso in Alexandre Guilmants Invocation op. 18/3 und das Allegretto op. 19/1 und in der Deuxième Suite Léon Boëllmanns. Van Oostens stilsichere Spielweise ist erwartungsgemäß technisch makellos, feinsinnig  musikalisch in der Gestaltung und. Trotz der scheinbaren Oberflächlichkeit mancher Stücke steuert sein Spiel nie in eine solche Richtung und bleibt klar und kontrolliert.
Die Orgel von Dudelange erklingt dem eingespielten CD-Repertoire gemäß von ihrer franzö­sischen Seite, die durchaus überzeugend wirkt. Natürlich wirken manchmal die Mixturen im Grand Chœur etwas hart und „teutonisch“, auch die Prinzipale zeichnen in germanischer Gewichtigkeit, aber von einer (neo-)symphonischen Orgel im multilingualen Stil kann man auch keine Cavaillè-Coll’sche Poesie erwarten. Zu Beginn der 4. Variation von Bonnet schlägt ein wenig die Diskantlastigkeit der Orgel (oder der Aufnahmetechnik?) durch, das voll registrierte Doppelpedal kommt kaum gegen die vollgriffigen Akkorde in hoher Lage an.
Ein warmer Raumklang bringt angenehme Atmosphäre, Feinheiten gehen nirgends unter. Eine gelungene Aufnahme, die für reichliches Hörvergnügen sorgt, wenngleich sie für Kenner des französischen Repertoires keine großen Überraschungen bietet.

Stefan Kagl