300 Jahre Silbermann-Orgeln Rötha

hg. von der Kirchengemeinde im Leipziger Neuseenland in Zusammenarbeit mit dem Bach-Archiv Leipzig

Verlag/Label: Rötha und Leipzig 2021,100 Seiten, Großformat
erschienen in: organ - Journal für die Orgel 2021/04 , Seite 58

Bezug: Ev.-Luth Kirchgemeinde Rötha, Johann-Sebastian-Bach-Platz 11, 04571 Rötha

Als passende Ergänzung zum Themenschwerpunkt „Leipzig“ (organ 1/2021) ist hier davon zu berichten, wie sehr sich Menschen seit Jahrhunderten in dieser Region für ihre Orgeln einsetzen. Dieses außer­gewöhnliche Engagement beginnt da­mit, dass die auf Schloss Rötha ansässige Patronatsfamilie von Friesen gleich für zwei Instrumente von Gottfried Silbermann sorgte: 1721 für St. Georgen und 1724 für St. Marien. Beide haben drei Jahrhunderte im Vergleich zu anderen Exemplaren erstaunlich gut überstanden; selbst der drohende Abbruch des gesamten Orts für die Braunkohleförderung konnte abgewendet werden. Damit verfügt Rötha neben Freiberg (Sachsen) als einzige Stadt über mehrere Silbermann-Orgeln – und dies bei weniger als 4000 Einwohnern, von denen wohl nur ein Teil Bezug zur Kirche hat. Allein diese Tatsachen bieten zum Feiern Gründe genug; die gemeinsame Festschrift zum 300-jährigen Bestehen beider Instrumente ist hierzu ein äußerst gelungener und vor allem nachhaltiger Beitrag.
Die drucktechnisch und in ihrem ansprechenden Layout vorzügliche Publikation ist in drei auch farblich gekennzeichnete Teile gegliedert: Grußworte, Geschichte sowie Erlebnisse und Erinnerungen. Durch diese geschickte und lesefreundliche Anlage sind viele Akteure im Originalton präsent; die Geschichte der 300-jährigen Orgeln wird vom Leben und Erleben eingerahmt. Zu Wort kommen dabei sowohl die Kirchenmusikerinnen vor Ort mit ihren langjährigen Bemühungen und Erfahrungen als auch weit ange­reiste Gäste wie Christoph Wolff, Jean-Claude Zehnder oder Lorenzo Ghielmi, die ihre Inspiration durch diese Instrumente nach außen tragen.
Auch der historische Mittelteil reicht weit über eine Sammlung von Regesten hinaus. Die fundierten Beiträge nehmen die Leser mit auf eine abwechslungsreiche Reise durch drei Jahrhunderte. Sie vermitteln einen lebhaften Eindruck etwa vom Verhältnis der Patronatsfamilie zu den Gemeindegliedern. Praxis und Geschichte des Kantoreiwesens werden ebenso greifbar wie die Einweihungsfeierlichkeiten in St. Georgen 1721, zu denen J. S. Bachs Vorgänger im Leipziger Amt, Johann Kuhnau, eine Festmusik beisteuerte. Anschaulich dargestellt werden die Veränderungen an den Kirchen und ihre Konsequenzen für die Instrumente. Martin Schmeding reflektiert über die Bedeutung der Röthaer Silbermann-Orgeln für die Musik von Felix Mendelssohn, der das Städtchen 1821 besuchte.
Dank der kompetenten Autoren und des sorgfältigen Lektorats durch Markus Zepf wurde hier ein handliches, dennoch festliches Buch geschaffen, das rundum erfreut, zum Besuch in Rötha einlädt sowie einiges Neue zur Forschung im Umkreis von Gottfried Silbermann beiträgt.

Markus Zimmermann