Schumann, Camillo (1872-1946)

2. Sonate für Orgel

hg. von Ulrich Rasche

Verlag/Label: Dr. J. Butz-Musikverlag 2506
erschienen in: organ 2013/02 , Seite 60

Die Zweite Orgelsonate op. 16 (von insgesamt sechs) des sächsischen Komponisten Camillo Schumann (1872-1946) steht in der Tradition weiterer Orgelsonaten der Romantik, etwa von Mendelssohn, Rheinberger, aber auch von Jan van Eyken, Hans Fährmann, Christian Fink, Theophil Forchhammer, Max Gulbins, Karl Piutti, Ludwig Thuille oder Karl Wolfrum (deren Kompositionen teilweise noch einer zeitgemäßen editorischen Erschließung harren).
Die vorliegende Edition ist sauber und übersichtlich, hat 31 Notenseiten und ein umfangreiches Vorwort. Warum allerdings drucktechnisch am Ende des zweiten, dritten und Finalsatzes statt einer letzten Akkolade eine Blankostelle leer bleibt, bleibt ein Rätsel des Layouts.
Das Werk ist viersätzig, bei einer Spieldauer von etwa 25 Minuten, und ist für drei Manuale (und Pedal) ausgelegt; auf einer ausreichend disponierten zweimanualigen Orgel lässt sich die Sonate gleichfalls darstellen. Ob sich Schumann damit unter die großen Vertreter der Epoche einreiht, ist eher zweifelhaft. Die Sonate bietet durchaus schöne Einfälle, andererseits wiederum „platte“ Akkordfolgen. Das Vorwort stellt sie in die Nähe von Brahms und nennt dessen Polyrhythmik als verbindendes Glied. Schumanns kurze Stellen, bei der in einigen Takten Triolen gegen Achtel laufen, sind indes kaum geeignet, ihn ernsthaft in die Nähe von Brahms zu rücken. Auch das symphonische Prinzip wird man eher vermissen. Es reihen sich Einfälle an Einfälle an Einfälle …, werden aber nicht verarbeitet, höchstens (und das eher häufig) sequenziert.
Der zweite Satz erscheint als eine Art „Siziliano“, und das Con moto-Einsprengsel könnte auf die Einbeziehung eines Scherzos deuten – ist es aber nicht, denn ein eigenständiges Intermezzo folgt. Dessen Thema lässt (unfreiwillig) schmunzeln, denn es erinnert stark an Es klappert die Mühle am rauschenden Bach.
Der Finalsatz soll eine Fuge über B-A-C-H sein, doch geht der Fuge sehr bald schon die kontrapunktische Luft aus. Eher trivial anmutende Akkordik folgt, dann wieder das Thema mit einem durch Repetitionen auffallenden Kontrapunkt und erneut Akkordfolgen. Dabei ist die ganze Sonate wegen der häufigen Oktavverdopplungen mitunter grifftechnisch schwierig zu bewäl­tigen, auch wenn diese (und das Doppelpedal) auf der damaligen Zeit entsprechenden schwach disponierten Orgeln basieren.
Schumann komponiere eher „traditionell“, heißt es. Aber muss das denn gleichbedeutend mit langweilig sein?
Sicher täte es dem Werk gut, wenn man es kürzen könnte. Eine Komprimierung auf etwa 15 Minuten würde die Akzeptanz wohl deutlich erhöhen, denn die technischen Schwierigkeiten – wenn man etwa die Oktavverdopplungen sinnvoll mindert – halten sich im Übrigen in Grenzen und machten es dann zu einem durchaus passablen Werk, vor allem für OrganistInnen, die den technischen Aufwand einer groß angelegten, typisch romantischen Sonate oder Symphonie weniger bewältigen können.

Klaus Uwe Ludwig